COP 30-Ergebnis: Ambitionen reichen nicht aus

Kommentar von FJ Klausdeinken

Das Ergebnis von COP 30 in Belém wird aus kirchlicher Perspektive weitgehend kritisch gesehen: Die „Ambitionen reichen noch nicht aus“, so lautet der Tenor vieler Stimmen aus Hilfswerken, Bischöfen und Jugendverbänden. Die Kirchen bringen damit ihren Unmut darüber zum Ausdruck, dass zwar symbolische Fortschritte gemacht wurden, die entscheidenden Hebel – insbesondere ein verbindlicher Ausstieg aus fossilen Brennstoffen – jedoch unzureichend adressiert wurden.

1. Divestment: Konkretes finanzpolitisches Signal
Ein starkes Zeichen setzten 46 kirchliche Institutionen in Deutschland, die im Rahmen von COP 30 ihre Investitionen in fossile Energieträger aufkündigten. Dazu zählen große evangelische Landeskirchen, kirchliche Finanzinstitutionen sowie katholische Organisationen wie die Jesuiten, die Steyler Mission, die Pax-Bank. Diese Divestment-Initiative zeigt, dass die Kirche nicht nur durch Appelle, sondern auch durch praktisches wirtschaftliches Handeln versucht, Druck zu erzeugen.

2. Hilfswerke fordern mehr Ehrgeiz
Vertreter katholischer Hilfswerke, etwa der internationale Dachverband unter Leitung von Bernd Nilles, äußern sich ambivalent: Zwar sei es positiv, dass Themen wie Anpassungsfinanzierung, „Just Transition“ und Klimagerechtigkeit weiterhin im Verhandlungspaket enthalten seien, aber die aktuellen Zusagen reichten nicht aus, um das 1,5-°C-Ziel zu sichern. Nilles warnt vor der sozialen Dimension des Ausstiegs aus fossilen Energien und ruft zu größerer Solidarität mit besonders gefährdeten Ländern auf.

3. Jugendverbände kritisieren Intransparenz
Die Delegation der internationalen katholischen Jugendorganisation FIMCAP übt deutliche Kritik an den Verhandlungsprozessen: In den letzten Tagen von COP 30 hätten wichtige Gespräche „hinter verschlossenen Türen“ stattgefunden, bilaterale Absprachen dominierten, so Fidelis Stehle von FIMCAP. Solche Strukturen gefährdeten demokratische Legitimität und Transparenz und konterkarierten den emanzipatorischen Anspruch einer „gerechten Transition“.

4. Kirchenvertreter betonen Menschenwürde und Multilateralismus
Aus Sicht des Heiligen Stuhls – etwa vertreten durch Erzbischof Diquattro – muss ein glaubwürdiger Klimaschutzpolitik die Menschenwürde in den Mittelpunkt stellen. Ökonomische und technische Maßnahmen seien notwendig, aber nicht hinreichend: Bildung und ethische Reflexion müssten Teil eines fundamentalen Wandels sein. Gleichzeitig betonen kirchliche Stimmen die zentrale Rolle des Multilateralismus, um globale Verantwortung zu übernehmen.

5. Appell aus dem globalen Süden
Bischöfe aus Regionen des globalen Südens, insbesondere aus Afrika, Lateinamerika und Asien, fordern in einem gemeinsamen Schreiben eine stärkere Klimagerechtigkeit. Sie sehen in der Nutzung fossiler Energien nicht nur ein Umwelt-, sondern auch ein moralisches Problem: Die ökologischen und historischen Lasten liegen bei den Ländern, die am wenigsten zur Krise beigetragen haben.


Bewertung / Kommentar:

Insgesamt zeigen die kirchlichen Reaktionen, dass die Kirchen nicht zufrieden sind mit einer rein symbolischen Einigung. Sie fordern mehr Substanz, insbesondere in:

  • einem verbindlichen Ausstiegsplan aus fossilen Brennstoffen,
  • fairer Klimafinanzierung für ärmere Länder,
  • transparenteren Verhandlungsprozessen,
  • stärkerer politischer und finanzieller Verbindlichkeit.

Das Divestment von Kircheninstitutionen ist ein starkes praktisches Signal, das über reine Lippenbekenntnisse hinausgeht – zugleich spiegelt es aber auch die Frustration über den langsamen Fortschritt auf politischer Ebene wider. Die Kirchen verstehen sich als moralische Instanz, die nicht nur mahnt, sondern aktiv handelt, um eine sozial-ökologische Transformation voranzutreiben.

Gleichzeitig ist klar: Ohne ambitioniertere Maßnahmen auf den nächsten COPs, insbesondere auf COP 31, riskieren wir, dass die Klimaziele verfehlt werden – und damit nicht nur ökologische, sondern auch soziale und ethische Verpflichtungen verraten werden, die die Kirchen einfordern.

Quelle: www.vaticannews.va (Link); www.evangelisch.de (Link); www.katholisch.at (Link)