Apostolisches Schreiben von Papst Franziskus vom 4. Okt. 2023
Klimawandel »ein schockierendes Beispiel für eine strukturelle Sünde« – Die Attentate gegen die Natur haben Konsequenzen für das Leben
Immer stärker drängt die Krise zum Handeln, und gleichzeitig wachsen Egoismus und Beharrungskräfte. Der Papst setzt auf Fakten, Vernunft – und eine Bereitschaft zur Umkehr.
Er benennt die Schwächen der politischen Entscheidungsstrukturen, kritisiert scharf auch die Untätigkeit in der katholischen Kirche und stellt die Verantwortung der Einzelnen heraus.
1. „Lobt Gott für all seine Geschöpfe“. Dies war die Aufforderung, die der heilige Franz von Assisi mit seinem Leben, seinen Liedern, seinen Taten zum Ausdruck brachte. Damit griff er die Einladung der biblischen Psalmen auf und gab die Feinfühligkeit Jesu für die Geschöpfe seines Vaters wieder: »Lernt von den Lilien des Feldes, wie sie wachsen: Sie arbeiten nicht und spinnen nicht. Doch ich sage euch: Selbst Salomo war in all seiner Pracht nicht gekleidet wie eine von ihnen« (Mt 6,28-29). »Verkauft man nicht fünf Spatzen für zwei Pfennige? Und doch ist nicht einer von ihnen vor Gott vergessen« (Lk 12,6). Wie könnten wir diese Zärtlichkeit Jesu für all jene, die uns auf unserem Weg begleiten, nicht bewundern?
2. Es sind nun schon acht Jahre seit der Veröfffentlichung der Enzyklika Laudato si’ vergangen. Damals wollte ich mit euch allen, meinen Schwestern und Brüdern auf unserem leidenden Planeten, meine tiefe Besorgnis um den Erhalt unseres gemeinsamen Hauses teilen. Aber mit der Zeit wird mir klar, dass wir nicht genügend reagieren, während die Welt, die uns umgibt, zerbröckelt und vielleicht vor einem tiefen Einschnitt steht. Abgesehen von dieser Möglichkeit besteht kein Zweifel daran, dass die Auswirkungen des Klimawandels das Leben vieler Menschen und Familien zunehmend beeinträchtigen werden. Wir werden seine Folgen unter anderem in den Bereichen der Gesundheit, der Arbeitsplätze, des Zugangs zu den Ressourcen, des Wohnraums und der Zwangsmigration spüren.
3. Es ist ein globales soziales Problem, das eng mit der Würde des menschlichen Lebens zusammenhängt. Die Bischöfe der Vereinigten Staaten haben den sozialen Sinn unserer Sorge um den Klimawandel, der über einen rein ökologischen Ansatz hinausgeht, sehr gut zum Ausdruck gebracht, denn »unsere Sorge füreinander und unsere Sorge für die Erde sind eng miteinander verbunden. Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen für die Gesellschaft und die globale Gemeinschaft. Die Auswirkungen des Klimawandels gehen zu Lasten der am meisten gefährdeten Menschen, sei es im eigenen Land oder auf der ganzen Welt«.[1] Mit anderen Worten sagten dies auch die Bischöfe auf der Amazonas-Synode: »Die Attentate gegen die Natur haben Konsequenzen für das Leben der Völker«.[2] Und um deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass es sich nicht mehr um ein zweitrangiges oder ideologisches Thema handelt, sondern um ein Drama, das uns allen schadet, erklärten die afrikanischen Bischöfe, dass der Klimawandel »ein schockierendes Beispiel für eine strukturelle Sünde« darstellt.[3]
4. Die Überlegungen und Informationen, die wir in diesen vergangenen acht Jahren sammeln konnten, ermöglichen uns, das bereits vor einiger Zeit Gesagte genauer zu bestimmen und zu ergänzen. Aus diesem Grund und weil die Situation immer dringlicher wird, wollte ich diese Gedanken nun mit euch teilen.
- 1. Die globale Klimakrise (5–19)
- Widerstand und Verwirrung
- Die menschlichen Ursachen
- Schäden und Risiken
- 2. Das wachsende technokratische Paradigma (20–33)
- Unseren Umgang mit der Macht überdenken
- Der ethische Stachel
- 3. Die Schwäche der internationalen Politik (34–43)
- Den Multilateralismus neu gestalten
- 4. Die Klimakonferenzen: Fortschritte und Misserfolge (44–52)
- 5. Was ist von der COP28 in Dubai zu erwarten? (53–60)
- 6. Geistliche Beweggründe (61–73)
- Im Licht des Glaubens
- Gemeinsam und engagiert unterwegs sein
56. Wir müssen diese Logik überwinden, dass wir einerseits ein Problembewusstsein an den Tag legen und gleichzeitig nicht den Mut haben, wesentliche Veränderungen herbeizuführen.
Im Licht des Glaubens
62. Die Bibel berichtet, »Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Und siehe, es war sehr gut« (Gen 1,31). Ihm gehört »die Erde und alles, was auf ihr lebt« (Dtn 10,14). Deshalb sagt er uns: »Das Land darf nicht endgültig verkauft werden; denn das Land gehört mir und ihr seid nur Fremde und Beisassen bei mir« (Lev 25,23). Deshalb gilt: »Diese Verantwortung gegenüber einer Erde, die Gott gehört, beinhaltet, dass der Mensch, der vernunftbegabt ist, die Gesetze der Natur und die empfindlichen Gleichgewichte unter den Geschöpfen auf dieser Welt respektiert«.[36]
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64. Jesus »konnte andere auffordern, auf die Schönheit zu achten, die es in der Welt gibt, denn er selbst war in ständigem Kontakt mit der Natur und widmete ihr eine von Liebe und Staunen erfüllte Aufmerksamkeit. Wenn er jeden Winkel seines Landes durchstreifte, verweilte er dabei, die von seinem Vater ausgesäte Schönheit zu betrachten, und lud seine Jünger ein, in den Dingen eine göttliche Botschaft zu erkennen«.[38]
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Gemeinsam und engagiert unterwegs sein
66. Gott hat uns mit allen seinen Geschöpfen verbunden. Allerdings kann uns das technokratische Paradigma von der Welt um uns herum isolieren und uns darüber hinwegtäuschen, dass die ganze Welt eine „Kontaktzone“ ist.[41]
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69. Ich lade einen jeden ein, diesen Weg der Versöhnung mit der Welt, die uns beherbergt, zu begleiten und ihn mit einem eigenen Beitrag zu bereichern, denn unser Engagement hat mit der persönlichen Würde und den großen Werten zu tun. Ich kann jedoch nicht bestreiten, dass es notwendig ist, aufrichtig zu sein und anzuerkennen, dass die wirksamsten Lösungen nicht allein von individuellen Bemühungen, sondern vor allem von bedeutenden Entscheidungen in der nationalen und internationalen Politik kommen werden.
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71. Das Bemühen der Haushalte um weniger Verschmutzung, um eine Reduzierung des Abfalls und um einen umsichtigen Konsum schafft eine neue Kultur. Der bloße Umstand, die persönlichen, familiären und gemeinschaftlichen Gewohnheiten zu ändern, nährt die Besorgnis angesichts nicht wahrgenommener Verantwortung durch politische Akteure und die Empörung gegenüber dem Desinteresse der Mächtigen. Es ist also festzustellen, dass es durchaus hilft, große Transformationsprozesse in Gang zu setzen, die aus der Tiefe der Gesellschaft heraus wirken, auch wenn dies quantitativ gesehen nicht unmittelbar zu sehr relevanten Auswirkungen führt.
72. Wenn wir bedenken, dass die Emissionen pro Person in den Vereinigten Staaten ungefähr doppelt so hoch sind wie die eines Einwohners von China und circa siebenmal so hoch wie der Durchschnitt der ärmeren Länder,[44] dann können wir bekräftigen, dass eine umfassende Veränderung des unverantwortlichen Lebensstils, der mit dem westlichen Modell verbunden ist, eine bedeutende langfristige Wirkung hätte. Zusammen mit den unentbehrlichen politischen Entscheidungen wären wir so auf dem Weg der gegenseitigen Fürsorge.
73. »Lobt Gott« ist der Name dieses Schreibens. Denn ein Mensch, der sich anmaßt, sich an die Stelle Gottes zu setzen, wird zur schlimmsten Gefahr für sich selbst.
Den vollständigen Text lesen auf press.vatican.va (url-Link)
Infografik zum Laudate Deum
Der Vatikan hat zum Apostolischen Schreiben „Laudate Deum“ eine Infografik veröffentlicht. DBK.de
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„Laudate Deum“: Papst verlangt Antwort auf Klimakrise
Mit einem Apostolischen Schreiben führt Franziskus die Anliegen seiner Enzyklika von 2015 weiter in die Jetztzeit: Unsere Antwort auf den Klimawandel fällt zu schwach aus. Der Papst kritisiert die Leugner des Klimawandels: Der menschliche Anteil an der globalen Erwärmung sei unbestreitbar. Die Verpflichtung zur Sorge um das gemeinsame Haus entspringt dem christlichen Glauben.
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Enzyklika Laudato si’ und Apostolisches Schreiben Laudate Deum
Zur Übersichtsseite der Dt. Bischofskonferenz DBK.de
Statement Bischof Dr. Georg Bätzing (Vorsitzender)
Würdigung des Apostolischen Schreibens „Laudate Deum“ durch den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz bei einem Pressegespräch in Rom (4. Oktober 2023)
Download der Presseerklärung auf DBK.de
Zum Interview auf Domradio.de
Statement von Weihbischof Rolf Lohmann (Münster)
Der Vorsitzende der Arbeitsgruppe für ökologische Fragen der Deutschen Bischofskonferenz zum Apostolischen Schreiben „Laudate Deum“ (4. Oktober 2023)
Zur Presseerklärung auf DBK.de
Meldungen der Dt. Bischofskonferenz zum Thema Klima und Umwelt https://www.dbk.de/themen/klima-und-umwelt
„Laudate Deum“: Die zehn Kernsätze
Hier finden Sie die zehn wichtigsten Sätze aus dem Schreiben „Laudate Deum“ von Papst Franziskus zum Klimawandel.
www.vaticannews.va
„Laudate Deum“: Mit Vernunft und Verzicht gegen die Klimakrise
www.katholisch.de