ein Kommentar von FJ Klausdeinken

Während Jeff Bezos und Lauren Sánchez in einer millionenschweren Zeremonie in Venedig ihr Jawort gaben, war die Stadt nicht nur Kulisse für eine mediale Inszenierung des globalen Jetsets – sie wurde zur Bühne für eine stille Predigt über Ungerechtigkeit, Maßlosigkeit und das, was Jesus als „Schein der Frömmigkeit“ bezeichnet hätte.
In Lukas 14 erzählt Jesus von einem Gastmahl. Doch seine Gästeliste bestand nicht aus Prominenten, Investoren oder Instagram-Stars, sondern aus „Armen, Verkrüppelten, Lahmen und Blinden“. Jesus lädt die ein, die keine Gegeneinladung aussprechen können. Das Fest, das er ausrichtet, ist keine Selbstdarstellung, sondern ein Ort der Heilung und Gnade. Wie weit ist das entfernt von einem exklusiven Luxusdinner mit 260-Euro-Tintenfisch – während weltweit jeden Tag Tausende Kinder an Unterernährung sterben?
Die Verteidigung, Bezos habe doch Geld „in die Stadt gebracht“, greift zu kurz. Bei einem „Überfall“ wird geraubt – so die spöttische Umkehrung eines Kommentars. Doch was ist mit dem geistlichen Raubbau an der Würde? Wenn Reichtum dermaßen öffentlich zelebriert wird, während dieselben Superreichen durch Steuervermeidung und Einfluss auf Politik ganze Gesellschaften destabilisieren, dann ist das kein harmloses Fest. Es ist ein Symbol – für eine Ordnung, die sich gegen die Schwächsten richtet.
Oxfam berichtet, dass nur wenige Dutzend Menschen heute mehr besitzen als die halbe Weltbevölkerung. Jeff Bezos ist einer von ihnen. Während sein Vermögen täglich um hundert Millionen wächst, leben 3,7 Milliarden Menschen weiter unterhalb der Armutsgrenze – und zwar nicht, weil sie „faul“ wären, sondern weil das System es so eingerichtet hat.
Und was ist mit der Schöpfung? Der CO₂-Fußabdruck der reichsten 1 % ist doppelt so hoch wie der der ärmsten 50 %. Privatjets, Superjachten, exklusive Partys – sie verursachen Emissionen, für die letztlich die Armen dieser Welt zahlen, zuerst und am härtesten. Jesus warnte vor den Reichen, die „wie Kamele durch ein Nadelöhr“ gehen müssen (Matthäus 19,24). Nicht, weil Reichtum per se böse ist – sondern weil er oft blind macht für das, was zählt: Nächstenliebe, Demut und Gerechtigkeit.
Darum sagen wir als Christ:innen: Tax the Rich. Nicht aus Neid, sondern aus Gerechtigkeit. Wer so viel besitzt, dass er mit seinem Jahresgewinn ganze Länder sanieren könnte, sollte auch einen gerechten Beitrag leisten – zur Gesellschaft, zur Klimagerechtigkeit, zur Hilfe für die Ärmsten. Spenden an wohltätige Organisationen sind gut, aber keine Ersatzhandlung für gerechte Steuersysteme.
Christliche Hoffnung richtet sich nicht gegen Reiche als Menschen – sondern gegen das System, das solche Exzesse möglich macht. Eine Hochzeit wie diese ist mehr als ein Privatspektakel. Sie ist ein Spiegel dessen, wie weit sich unsere Welt vom Evangelium Jesu entfernt hat.

Tax the Rich
Mit dieser Initiative wird die Europäische Kommission aufgefordert, eine europäische Steuer auf große Vermögen einzuführen. Diese Steuer würde eine neue Eigenmittelquelle der Union darstellen, deren Einnahmen es ermöglichen würden, die europäische Politik des ökologischen und sozialen Übergangs sowie der Entwicklungszusammenarbeit in Kofinanzierung mit den Mitgliedstaaten auszuweiten und zu verstetigen. Dieser Beitrag wäre für den Kampf gegen den Klimawandel und die Bekämpfung von Ungleichheiten bestimmt und würde eine gerechtere Beteiligung der europäischen Bürger an diesen Zielen ermöglichen.
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