Energiehunger frisst Lützerath und tötet weltweit

Ein Kommentar von FJ Klausdeinken

Christians4Future aus München, Mainz und Soest

Der Abbruch von Lützerath ist das Gegenteil von Schöpfung – das Gegenteil des Pariser Klimaabkommens – des 1,5°C Ziels – des Rechts auf Zukunft.

Zwischen 15.000 und 35.000 Menschen aller Generationen protestierten gegen den geplanten Abbau der Kohle. Dabei wollen wir uns doch so schnell wie möglich von  den fossilien Energien verabschieden. Aber offensichtlich prallen Wunsch und Wirklichkeit, Denken und Handeln aufeinander. Die Psychologie spricht hier von kognitiver Dissonanz. Und in diese Wunde legen tausende von friedlich Demonstrierenden ihre Finger.

Umweltbischof Lohmann hätte es nicht treffender ausdrücken können:

Das Verlangen nach Gas, Öl und Kohle treibe die „erbarmungslose Ausbeutung“ von Mensch und Natur voran. Es befeuere Kriege und stürzt künftig noch mehr Menschen in Leid und Verderben

Meldung der Dt. Bischofskonferenz vom 25.03.22 (url-Link)

Sprechen wir in Europa noch von einem Generationenkonflikt, so kämpfen die Generationen im globalen Süden bereits um ihr Leben. Ein „weiter so“ führt uns immer schneller über die Kante in den Abgrund – in ein Mordor – in eine verwüstete Erde.

Wir alle müssen uns gerade beim Energieverbrauch um eine intelligenten Selbstbeschränkung, eine Selbstbegrenzung und Beachtung der „planetaren Grenzen“ bemühen. Jede eingesparte Kilowattstunde hilft Leid und Tod zu verringern.

Foto EKiR

Rheinische Kirche fordert sofortiges Moratorium für Kohleabbau in Lützerath

Stopp verschafft laut Landessynode Zeit für Klärung wichtiger Fragen

Düsseldorf/Lützerath. Braucht es diese Kohle wirklich? Diese Frage stellt die Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland in einem Beschluss zu der Diskussion um den Abbau in Lützerath. Sie teile die Sorge der Protestierenden um die Auswirkungen der Kohleverstromung auf das Klima. Man wisse um die Rechtslage, die RWE das Abbaggern der Braunkohle erlaube – aber auch um die widersprüchliche Gutachtenlage.

Die Evangelische Kirche im Rheinland hat sich vorgenommen, selbst bis 2035 treibhausgasneutral zu sein. Entsprechend werden auch Wege aus der Abhängigkeit von fossilen Energien gesucht. „Darum fordern auch wir von der Landesregierung und den Bergbaubetreibenden ein sofortiges Moratorium für die Kohleförderung unter Lützerath“, so die Landessynode im Beschluss „Keep it in the ground – Moratorium jetzt!“. Ein Moratorium lasse alle Beteiligten innehalten und schaffe Zeit für die Klärung der Notwendigkeit weiterer Kohleförderung. „Die Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energieträger und eine Beendigung der Kohleverstromung in Deutschland sollte so schnell wie möglich umgesetzt werden und braucht erheblich mehr politischen Nachdruck, um die enormen Zerstörungen an Landschaft und Klima zu beenden“, heißt es in dem Beschluss.

Landessynode bezieht sich auf Verfassungsgerichtsurteil

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Foto: EKD

Solidarität mit Klimaprotesten – Präses Heinrich dankt Klima-Demonstranten in Lützerath

Die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Anna-Nicole Heinrich, hat ihre Solidarität mit den Klimaschützern im rheinischen Ort Lützerath ausgedrückt. „Wir brauchen Menschen, die ihren Protest im Gebet, auf der Straße, in der Politik und manchmal auch in Baumhäusern stark machen“, schrieb Heinrich in einem Beitrag im sozialen Netzwerk Instagram. Sie danke allen, die sich „gewaltlos für Klimaschutz, für Klimagerechtigkeit, für die Bewahrung der Schöpfung einsetzen“. Seit dem 11. Januar 2023 läuft die polizeiliche Räumung des Orts, der für den Braunkohletagebau von RWE weichen muss.

In ihrem Post lobte sie die Initiative „Kirche im Dorf lassen“, die in den vergangenen Monaten die Eibenkapelle in Lützerath als ökumenischen Ort des Widerstands genutzt hatte. „Wir brauchen Orte wie die Eibenkapelle, die Hoffnung geben und Kraft zum beherzten Handeln gegen die Klimakatastrophe, auf die wir zurasen“, schrieb Heinrich.

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Foto: Churches for Future

BDKJ | MISEREOR | EV. KIRCHE IM RHEINLAND | EV. KIRCHE VON WESTFALEN

Moratorium für Lützerath

Nachdem am 11. Januar die Polizei in Lützerath mit der Räumung des Dorfes und der dort demonstrierenden Bevölkerung begonnen hat, fordern Mitglieder der Klima-Allianz Deutschland ein Moratorium für die Räumung des Geländes und die Abbaggerung der darunterliegenden Kohle. Stattdessen pochen sie auf die Einhaltung der Pariser Klimaziele.

Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND),fordert: „Die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen und ihre grüne Wirtschaftsministerin Mona Neubaur müssen endlich einsehen, dass sie sich politisch verrannt haben. Die Proteste gegen die Räumung von Lützerath zeigen, dass ein Weiter So beim Braunkohletagebau vor allem von jungen Menschen nicht mehr akzeptiert wird.”

Elisabeth Fresen, Bundesvorsitzende der AbL, kommentiert: „Wir fordern den Stopp der Räumungen und einen Kohlenausstieg, der die 1,5 Grad-Grenze sichert. Dafür muss die Kohle unter Lützerath im Boden bleiben. Weiter fordern wir den Schutz und Erhalt der wertvollen Böden vor Ort. Die Landesregierung in NRW mit Ministerpräsident Henrik Wüst und Klimaministerin Mona Neubaur muss jetzt sofort entsprechende Schritte einleiten.“

Gregor Podschun, Bundesvorsitzender des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ),erklärt in einem Interview mit katholisch.de: „Der Energiesektor ist einer der größten CO2-Verursacher überhaupt. Was hier abgebaggert wird, ist mit verantwortlich für den hohen CO2-Ausstoß Deutschlands und auch der Erde. Wir kämpfen dafür, dass sich das endlich ändert und dass wir eine Energiewende hin zu erneuerbaren Energien vollziehen. Dafür ist Lützerath der richtige Ort.”

Viviane Raddatz, Fachbereichsleiterin für Klimaschutz- und Energiepolitik beim WWF Deutschland, betont: „Es geht beim Klimaschutz nicht nur um die Frage des endgültigen Kohleausstiegsdatums, sondern auch darum, wie viel Kohle bis zu diesem Datum verstromt wird. Die Studienlage weist darauf hin, dass der Abriss von Lützerath für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit und der Bewältigung der fossilen Energiekrise nicht notwendig ist.”

„Unsere Gesellschaft braucht am Beginn des Jahres 2023 keine Kraftakte, keine neuen Konfrontationen und Kampfszenen, sie braucht vielmehr eine Denk- und Gesprächspause darüber, wie wir den brüchigen sozialen Frieden in unserem Land, das angefochtene Vertrauen in die Politik und den so dringend nötigen Frieden mit der Schöpfung fördern können”, äußertdie Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen Annette Kurschus.

Der Leitende Theologe der rheinischen Kirche, Präses Thorsten Latzel, sagte dem Evangelischen Pressedienst: „Wir setzen uns seit Jahrzehnten nachdrücklich für die Bewahrung der Schöpfung und eine konsequente Klimapolitik ein. Deswegen verstehe ich sehr gut das Anliegen der Menschen, die demonstrieren. Jede weitere Tonne Braunkohle ist eine zu viel für das Klima. Und die Einhaltung der Klimaziele von Paris ist nicht nur ökologisch notwendig, sondern auch ein verbindliches Ziel unserer Regierung.”

„Lützerath muss bleiben, weil wir in 2023 dringend zeigen müssen, dass wir es in Deutschland mit dem Klimaschutz wirklich ernst meinen!”, sagt Martin Koeppel, Geschäftsführer von Protect the Planet.

Auch International werden die Stimmen zu Lützerath laut.

WIE MISEREOR MIT DER RÄUMUNG IN LÜTZERATH ZUSAMMENHÄNGT

Am 1. Dezember 2022 beschloss die Regierung den vorgezogenen Kohleausstieg im Rheinischen Revier, kurz darauf gab sie den neuen Betriebsplan von RWE frei. Dieser sieht vor, den Tagebau Garzweiler auszudehnen und die unter dem Ort liegende Kohle zu fördern. Und der Ort? Die früheren Bewohner*innen haben das nordrhein-westfälische Lützerath bereits verlassen, Schaufelbagger stehen zum Abriss bereit. Proteste, besetzte Bagger und Straßenbarrikaden sollten das verhindern. Auch Misereor fordert, dass die Erhaltung der Energieversorgung in Anbetracht der Klimaziele neu diskutiert werden soll. Doch wie hängt ein Braunkohlegebiet in Deutschland überhaupt mit Misereor zusammen? Die folgenden Fragen sollen Antwort darauf geben.

Misereors Auftrag ist es, Armen und Marginalisierten im globalen Süden solidarisch zur Seite zu stehen und mitzuwirken, dass ein Leben in Würde für alle Menschen möglich wird. Dieses Leben ist in der heutigen Zeit vielerlei Bedrohungen ausgesetzt. Besonders schwer wiegen die dramatisch zunehmenden Folgen der menschengemachten Klimakatastrophe, die durch immer schnelleres Aufeinanderfolgen von Dürren und unkontrollierbare Überschwemmungen Hunger und Leid bringen. Davon sind wiederum besonders jene Menschen betroffen, die aus Regionen kommen und in Ländern leben, in denen die Menschen historisch am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben.

Weiterlesen auf blog.misereor.de (url-Link)

Theologin: Der Abbruch von Lützerath ist Gegenteil von Schöpfung

Mit der Enzyklika „Laudato si“ in der Hand wurde sie von Polizisten aus Lützerath getragen.
Im Himmelklar-Podcast erklärt Theologin und Aktivistin Gudula Frieling, warum sie den Kohleabbau in Lützerath für das Gegenteil von Schöpfung hält.

Ich glaube, dass das eine Illusion ist und dass wir stattdessen zu einer Lebenshaltung kommen müssen, die auch dem christlichen Glauben viel eher entspricht, dass wir Empfänger des Lebens sind, dass Gott uns schenkt. Wir müssen lernen, mit der Natur zu arbeiten und uns mit dem zu begnügen, was sie uns anbietet – und nicht das Gegenteil tun, nämlich so viel wie irgend möglich aus ihr herauspressen.

Das ganze Interview lesen auf katholisch.de (url-Link)

Christians 4 Future zeigen Flagge „Schöpfung bewahren“

Theologie an der Abbruchkante von Lützerath

m Interview mit Wolfgang Beck erläutern die Theologen Jan Niklas Collet und Georg Sauerwein, warum sie sich als Umweltaktivisten und Theologen an den Protesten gegen den Braunkohletagebau und an den Demonstrationen um den Ort Lützerath beteiligen.

Wir bauen auf der Grundhaltung von „Gaudium et spes“ auf, also der grundlegenden Solidarität der Jünger*innen Christi mit den Armen und Bedrängten. Die Klimakrise ist das prägende Element unserer Zeit, es ist Zeichen der Zeit, da es alles, was auf der Welt geschieht, prägt. Man kann natürlich diskutieren, ob die Klimabewegung eher das „Zeichen der Zeit“ ist als die Antwort auf die Klimakrise… Die Debatten um die Klimakrise sind zudem auch eine Frage der Klimagerechtigkeit. Das Abbaggern des Dorfes und der Braunkohle schadet ja nicht nur den Menschen in der Region vor Ort, sondern betrifft weltweit unzählige Menschen, die vielfach diskriminiert sind und gar nichts zur Klimakrise beigetragen haben. Da ist es ein ethisches Problem, ein Muss, sich dagegen als Christ*in und Theolog*in einzusetzen.

Das ganze Interview lesen auf www.feinschwarz.net (url-Link)

Foto: letztegeneration.de

300 TAGE HAFT – MUTTER SOLL WEGEN FORMFEHLER INS GEFÄNGNIS

Als Sonja Manderbach am Dienstag auf dem Amtsgericht Tiergarten erschien, war sie auf eine Hauptverhandlung vorbereitet. Die Kirchenmusikerin und Mutter einer 15-jährigen Tochter hat sich an mehreren Protesten und Blockaden beteiligt, bei denen der Verkehr zum Erliegen kam. Der Vorwurf der Nötigung steht im Raum – ein Delikt, das laut Gewerkschaft der Polizei je nach Situation auch als Bagatelldelikt bewertet werden kann

Aus dem Nichts verkündet die vorsitzende Richterin dann: Sonjas Einspruch wird wegen eines Formfehlers verworfen. Die Unterschrift auf dem Einspruch sei nicht korrekt erfolgt. Die digitalen Unterschriften würden nicht ganz den Vorschriften entsprechen – es sei doch besser, den klassischen Postweg zu wählen. Die Richterin entschuldigt sich, dass sie es beim letzten Mal „verpennt hätte”. 

Aufgrund dieses Formfehlers sind nun die sechs Strafbefehle rechtsgültig. In Konsequenz hat Sonja  300 Tagessätze zu je 40 Euro zu zahlen – 12.000 Euro oder 300 Tage Ersatzfreiheitsstrafe im Gefängnis. 

Sonja Manderbach bleibt vor Gericht eindeutig: „Ich werde keine Strafe bezahlen. Entweder sie sprechen mich frei oder ich gehe ins Gefängnis. Der Gegenwind der Gerichte stärkt mich nur. Es wird von der Gesellschaft nicht unbemerkt bleiben, dass ich und andere der Letzten Generation unverhältnismäßig hart bestraft werden, weil wir unsere Mitmenschen vor den tödlichen Folgen der ungebremsten Klimakatastrophe retten wollen.”

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Klimaschutz im Namen der Schöpfung: Lasset die Kirchen im Dorf und die Braunkohle unter Lützerath im Boden

Lützerath/Bonn, 30.01.2023

Die Redewendung „Die Kirche im Dorf lassen“ bedeutet “auf dem Boden der Tatsachen bleiben“. Sie soll ihren Ursprung in katholischen Prozessionen haben, in denen eine Kirchengemeinde bei ihrem Umzug die Dorfgrenze überschritt, was Unmut in benachbarten Dörfern hervorrief. Die Gemeinde, so hieß es dann, solle sich nicht so aufblasen, es nicht übertreiben und gefälligst die Kirche im Dorf lassen.

Am 13. Januar 2023 schließe ich mich einer kleinen Prozession hinter einem gelben Kreuz an, von dem Dorf Keyenberg zu dem etwa 3,5 Kilometer entfernten Nachbarort Lützerath. Die rund 30 Teilnehmer:innen wollen damit ein Zeichen der Solidarität setzen und ihren Unmut äußern gegen die Zerstörung des Nachbardorfs an der Kante des Garzweiler Kohlereviers, das zu einem Symbol der globalen Klimabewegung geworden ist. Gemeinsam beten und singen sie dabei für die Bewahrung der Schöpfung und eine friedliche und gewaltfreie Konfliktlösung.

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