Mach-mit-Projekte
Innovative Pastoral zum Querschnittthema „Schöpfung bewahren“ mit Ausrichtung auf das diakonische und nachhaltige Handeln
Die Soester Mach-mit-Projekte fokussieren das Querschnittthema „Schöpfung bewahren“ mit Ausrichtung auf das diakonische und nachhaltige Handeln. Entlang von Analysen des Sozialraums und der Publikumsstruktur wird über die Konzeption der Advents- und Fastenprojekte berichtet und das innovatorische Potential erläutert. Auch die Faktoren, welche zum Gelingen der Projekte beigetragen haben, werden klar benannt. Die innovativen Projekte sind auch gut auf andere Standorte übertragbar.
Mach-mit-Kirche und Geh-hin-Kirche
Die Mach-mit-Projekte sind ein Experiment, das die unterschiedlichen Talente der Menschen in einem offenen Projekt zusammenbringt. Sie sind eingebettet in eine partizipativer Kirchenentwicklung mit den Schwerpunkten Taufe als Berufung, Orientierung an den Charismen und Leitungsstil der Ermöglichung. Wir nehmen die Sehnsucht der Menschen wahr, Partizipation und Solidarität zu erfahren in einer Welt, die nur allzu oft von Isolation und Technologisierung charakterisiert ist. Es geht um ein lebensraumorientierte Pastoralentwicklung – einer „Geh-hin-Kirche„.
Die Charismenorientierung stellt einen grundlegenden Wandel dar. Es steht nicht zuerst eine Aufgabe im Mittelpunkt, für die jemand gesucht wird, der sie erledigt. Es geht vielmehr darum, die Begabungen der Mitmenschen zu entdecken und gemeinsam zu überlegen, wo diese Gaben gut eingebracht werden können – „damit sie anderen nützen“, wie Paulus formuliert. Nicht Wenige achten alles, sondern Viele bringen sich dort ein, wo es den eigenen Gaben entspricht und gestalten gemeinsam. Hier wird die Vision einer „Mach-mit-Kirche“ formuliert.
Es geht auch darum Mit-Schöpfer:in zu werden! Mit unseren Gedanken, Worten und Werken und Gottes Segen viele kleine, lokale Paradiese zu (er-)schaffen und sichtbar werden zu lassen. Wenn diese wachsen und zusammenwachsen, kann daraus ein großer, weltumspannendes Garten Eden werden. Um das Paradies (zurück-)zugewinnen bedeutet es, die Schöpfung zu bewahren und „Paradies-Gärtner:in“ zu werden – durch „Paradising“ das Paradies auch religiös zurückzuerobern 1).
Bereits bei der Planung der Mach-mit-Projekte sollen viele, auch nichtkirchliche Gruppierungen und kleine Hausgemeinschaften partizipativ und charismenorientiert eingebunden werden. Über eine offen Kommunikation sollen neue Vernetzung und gemeinsame Aktionen gefördert werden. Über die Einbindung digitale Medien (Social Media, VideoClips, Schiebeanimationen) sollen gezielt die „modernen“ Milieus angesprochen werden. Über niederschwellig Angebote sollen auch Familien und Jugendliche (z.B. über den Jugendtreff „Drehscheibe“) aus prekären Lebenswelten beteiligt werden.
Das alles bewirkt ein und derselbe Geist; einem jeden teilt er seine besondere Gabe zu, wie er will. 1 Kor 12,4-11
1) Paradising – Warum wir eine alte Vorstellung für die Zukunft zurückerobern wolle; C. Gröhn / S. Köhler, 2021 (Dwonload pdf, 40 Seiten)
Die Projekte in der Übersicht
Mach-mit-Herberge 2021
Unter dem Thema „Herberge gesucht – 24x die Ankunft neu erleben“ sollen die Menschen auf prekären Lebenssituation aufmerksam machen. Hierzu werden verschiedene Initiativen / Organisationen, die Herberge bieten (z.B. ZUE, Frauenhaus, Mutter-Kind-Heim, Hospiz) eingeladen, um für Ihre Arbeit und ggf. auch um Spenden zu werben. Darüber hinaus gibt es auch private, kleiner Impulse / Aktionen. Es handelt sich um einen „offene Plattform“ in Form eines „Lebendigen Adventskalenders“, bei dem viele Formen der Teilnahme möglich sind.
Die Projektvorbereitung und Betreuung erfordert einen größeren zeitlichen und finanziellen Aufwand (500-1500 €). Entscheidend ist eine frühzeitige Einbindung von unterschiedlichen, auch „externen“ Initiativen möglichst vielen kreativen Menschen in unterschiedlichen Themenfeldern.
Mach-mit-Fastenaktion 2021
An Hand der Schöpfungsgeschichte (Wüste, Wasser, Tiere, Pflanzen, Mensch) und den aktuellen „Fehlentwicklungen“ werden zwei unterschiedliche Handlungsstränge in Szene gesetzt. Die eine Szene stellt am Ende die „blühende Wüste“ da; die andere Szene den „zubetonierten und zugemüllten Traumstrand“. Kritische wird die Frage: „Mensch, was machst Du?“.
Die Projektvorbereitung und Betreuung erfordert einen größeren zeitlichen und finanziellen Aufwand (500-1500 €). Entscheidend ist eine frühzeitige Einbindung von unterschiedlichen, auch „externen“ Initiativen möglichst vielen kreativen Menschen in unterschiedlichen Themenfeldern.
Mach-mit-Krippe 2020/21
An Hand von 5 sozial-ökologischen Themen [Heimat(los); Teilen, Frieden, (Vor-)Freude und Huldigen] werden zwei unterschiedliche Blickwinken in Szene gesetzt. So wird auf der einen Seite der Installation die biblischen Szene der Huldigung durch die Hl. Könige mit lebensgroßen Heufiguren darstellt; auf der anderen Seite steht die Fragen im Raum: „Wem oder was huldigen wir? Welche Garben würden wir heute dem Jesuskind bringen?“
Die Projektvorbereitung und Betreuung erfordert einen hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand (500-1500 €). Entscheidend ist eine frühzeitige Einbindung von unterschiedlichen, auch „externen“ Initiativen und möglichst vielen kreativen Menschen in unterschiedlichen Themenfeldern.
Mach-mit-Ostergarten 2020
Die Inszenierung stellt sich dem Kirchbesucher in den Weg. Auf einem Holzblock liegt die Enzyklika „Laudato Si“ und fordert von uns die eine Entscheidung: Mensch, was machst Du? – ‚ein weiter so‘ oder eine ‚sozial-ökologische Umkehr‘?.
Das Projekt ist relativ leicht und kostengünstig umzusetzen. Wichtig ist eine Beteiligung von möglichst vielen Gruppen (z.B. KiTa, kfd, Eine-Welt-Gruppe, …)
Erfolgsfaktoren
Das Zentrum für angewandte Pastoralforschung ZAP:Bochum benennt Erfolgsfaktoren, wie weitgehend berücksichtigt werden konnten:
- ansteckende Vision, ambitioniertes Fördernetzwerk, potente Partner, antreibende Führungspersönlichkeit, eigener Arbeitseinsatz, klare Organisation, viel Zeit, konkrete Bewährungsproben,
Das ZAP:Bochum benennt 10 markante Einsichten für die nachhaltige Förderung pastoraler Innovationen:
- Sei Dir klar darüber, dass das System Kirche zwar enorm innovationsbedürftig ist – sein Reform aber teilweise mit allen Kräften blockiert.
- Fördere nicht einzelne Personen, sondern Plattformen und Organisationen.
- Fördere nie nur interne kirchliche Player. Erfolg hat eine Kombination aus internen und externen Playern, SMARTes ambitioniertes Ziel und robuste, unternehmerische Spiritualität
- Fördere nur Projekte die von der jeweiligen übergeordneten kirchlichen Ebene gewollt und mindestens nicht sabotiert werden.
- Traue keinen Statements von Wohlwollen und Zustimmung. Traue nur klaren Investitionen aller Partner in die gemeinsame Kooperation.
- Fördere eher die, die mutig wenige neue Personen für ein Leben mit Gott gewinnen, als die, die risikoarm viele alte halten.
- Gib lieber wenigen viel Zeit, als vielen zu wenig. Das kirchliche System ist extrem behaarungstark und arbeitet mit paradox langen Planungszyklen.
- Kontrolliere die Learnings. stelle sicher dass man aus Scheitern lernt.
- Fördere vor allem Projekte deren Ergebnisse man skalieren kann. Denn auch pastorale Innovation heißt Originalität plus Marktfähigkeit.
- Fördere Projekte die katholische Identität und moderne Gesellschaft in wechselseitige Lernpartnerschaft bringt. Katholizität ist eine kraftvolle kreative Ressource für die produktive Arbeit am Gemeinwohl.
WO BLEIBT DIE REVOLUTION DES CHRISTENTUMS?
Der Theologe und Philosoph Jürgen Manemann hält ein leidenschaftliches Plädoyer für ein „revolutionäres Christentum“. Er sieht mit Sorge, wie wenig sichtbar das Christentum in der gegenwärtigen Klimakrise ist und es auch an eigenständigen und gut durchdachten theologischen Positionen mangelt. Jürgen Manemann wünscht sich eine „Exoduskirche“, die Teil einer „Revolution für das Leben“ ist, so wie es die Philosophin Eva von Redecker nennt.
Erste Antworten gibt ein Kurz-Video auf YouTube (url-Link)
Die Kirchen hinken hinterher. Der Umweltbericht der kath. Kirchen (2021) enthält kein verwertbares Datenmaterial, weil es kein Material und keine Zielsetzung bzgl. Klimaneutralität gibt. Die ev. Kirche ist mit dem Beschluss zur Klimaneutralität 2040 bzw. 2035 etwas weiter. Warum hinken die Christ:innen so stark hinterher?
Warum sehen wir die Leidensgeschichte der nichtmenschlichen Kreativen nicht?
Warum sind die Kirchen so mitleidlos gegenüber zukünftigen Generationen?
In den Kirchen herrscht wenig Sensibilität aber viel Sentimentalität. Kirchen jammern ständig über sich selbst und deshalb fehlt die Sensibilität für die tiefgreifenden Probleme, die Menschen bewegt.
Christ:innen müssten sich eigentlich „in der Mitten der Revolution wie zu Haus fühlen“
Es sind die tiefen Erschütterungen, hervorgerufen durch die „vermachteten“ Strukturen. Es gibt auch eine Identitätskrise der Christinnen, weil wir das Christentum entradikalisiert haben. Wir müssen gegen die Sentimentalität angehen und wieder sensible werden für die Problemen der Welt um uns herum. Und deshalb müssen wir die Fixierung auf das eigene institutionelle Überleben endlich hinter uns lassen und aufbrechen, Kirche neu zu erleben. Wer sein Leben hingibt, wir sein Leben neue gewinnen. Wer die Institution Kirche um Jesu Willen auf`s Spiel setzt, wird sie in neuer Weise gewinnen. Gefühlsduselei tauschen in Gefühlskompetenz.
Aufstehen für eine neue Welt
Die Kirche von Morgen ist eine Initiativkirche, die die Initiative ergreift = Inititium bedeutet Neuanfang. Die Initiativekirche muss eine „Nachbürgerliche Kirche“ werden. Das bedeutet, Kirche muss sich auf die Fixierung auf das institutionelle Leben verabschieden. Das wir nur gelingen, wenn Kirche sich als Lebensform neu entdeckt.
Prof. Dr. Jürgen Manemann hat katholische Theologie studiert und in Fundamentaltheologie promoviert und habiliert. Er ist seit 2009 Direktor des Forschungsinstituts für Philosophie Hannover (fiph). Seine Arbeitsschwerpunkte sind Fragen der Umweltphilosophie, neue Demokratie- und Politiktheorien, die Verhältnisbestimmung von Religion und Politik und Wirtschaftsanthropologie. Jüngst ist seine Essay-Sammlung „Revolutionäres Christentum“ im transcript-Verlag erschienen.
Schöpfungscompassion – Aufbruch zu einer Exoduskirche
Ein Beitrag der Redation Feinschwarz vom 11. Mai 2022 über die kirchliche Lethargie im Umgang mit der ökologischen und klimatischen Krise (url-Link)