Ein Impuls aus Soest erreicht Belém

Ein Stein – eine Welle – Bewegung in Belém – eine ermutigende Geschichte

Agnes Dieckmann, Knud Vöcking von Urgewald im Kreis der CC4F und Richard Nüsken (Schlachthofkino), Sep. 2024

Der Film urgewald – auf den Spuren des Geldes, gezeigt am 08. Sep. 2024 anlässlicher der Schöpfungszeit in Soest, war Auslöser für das starke Engagement der C4F auf Bundesebene

Es war ein normaler Sonntagmorgen in Soest. Zumindest dachten wir das – bis wir uns am 8. September 2024 im Rahmen der Schöpfungszeit im kleinen Programmkino einfanden. Der Film „urgewald – auf den Spuren des Geldes“ lief. Im Anschluss erzählen die Mitarbeitenden von urgewald, Agnes Dieckmann, Knud Vöcking von ihren Strategien und Erfolgen. Und so kam eine Geschichte in unseren Ort, die später Wellen schlagen sollte, von denen wir nicht einmal zu träumen gewagt hätten.

Wir saßen dort, 50  Menschen mit Popcorn in den Händen und offenen Herzen. Wir lauschten den beiden Mitarbeitenden von urgewald, die nach dem Film erzählten, wie ein kleiner Verein den großen Geldströmen nachgeht – und wie mutige Menschen weltweit Konzerne und Investoren dazu bringen, aus fossilen Energien auszusteigen.

Man hätte meinen können, es sei einfach ein spannender Dokumentarfilm gewesen.
Aber an diesem Vormittag fiel ein Stein ins Wasser.


Eine kleine Welle – die plötzlich Bundeswasser erreichte

Der Impuls dieser Matinee wirkte nach. Nicht wie ein lautes Feuerwerk, sondern wie ein Funke, der im Stillen entzündet und weitergetragen wurde.

Wir erzählten in unserer kleinen Ortsgruppe davon. Wir diskutierten. Beteten. Lachten. Rangen miteinander. Und irgendwann dachten wir: Warum bleiben wir stehen? Warum nicht größer denken?

Und so passierte etwas: Wir überzeugten Christians4Future auf Bundesebene, das Thema Divestment kirchlicher Investoren als Großprojekt aufzunehmen. Plötzlich wurde unser kleiner Soester Funke Teil einer Arbeitsgruppe, die über ein Jahr lang vorbereitete, formulierte, vernetzte, telefonierte, hoffte – und manchmal auch zweifelte.

Doch gestern geschah es:
Die Arbeit wurde öffentlich.
Und wie!


Deutschland hört zu

46 große kirchliche Institutionen verkündeten ihren vollständigen Ausschluss aus fossilen Geldanlagen – genau zur Weltklimakonferenz in Belém.

Beteiligt waren  42 Mitglieder des Arbeitskreises Kirchlicher Investoren (AKI) – darunter die EKD (Evangelische Kirche in Deutschland), fast alle evangelischen Landeskirchen, kirchliche Finanzinstitutionen und diakonische Werke – sowie mehrere katholische Organisationen wie die Zentraleuropäische Jesuitenprovinz, die Steyler Bank und die Pax-Bank für Kirche und Caritas.

Die größte Divestment-Initiative in der Geschichte Deutschlands. Und wir durften ein Teil davon sein – angefangen in einem kleinen Kino in Soest.

Dann geschah etwas Überraschendes:
Die Nachricht raste durch das Netz.
Kirchliche Presseportale berichteten – klar.
Aber auch Finanzplattformen wie finanzen.net und boersennews.de.

Wir sahen zu und dachten: Herrje, was für eine Welle …


Und dann – eine Nachricht aus Belém

Gerade als wir eigentlich nur wieder normal weitermachen wollten, traf eine Email ein. Ein Reporter des Bayerischen Rundfunks. Aus Belém. Direkt von der COP30.

„Sind Sie denn vor Ort? Können Sie ein Interview geben?“
Wir mussten lachen.

Soester:innen in Brasilien? Dafür reicht unser Budget nicht ganz.

Aber wir haben Freunde. Kontakte. Bündnispartner. Geschwister im Geiste.
Und die waren vor Ort auf der COP30 und stellen sich den Fragen.


Hoffnungsträger Kirche – auch mit offenen Fragen

Natürlich freuen wir uns über die wunderbare Zusammenarbeit mit dem AKI. Fast alle evangelischen Landeskirchen haben erklärt, den Leitfaden für ethisch-nachhaltige Geldanlagen voll einzuhalten.

Was uns überrascht: Dass ausgerechnet im Rahmen einer Kampagne des eher katholisch geprägten Laudato Si’ Movements dieser Schritt öffentlich wurde.

Doch es gibt auch eine Frage, die uns beschäftigt:
Wo bleiben die Stimmen der katholischen (Erz-)Bistümer?
Wir haben sie eingeladen, gefragt, ermutigt.
Noch hören wir nur Schweigen.

Aber Schweigen kann bedeuten:
Es wird nachgedacht.
Es wird geprüft.
Es wird gerungen.

Und vielleicht – hoffentlich – wird danach gehandelt.


Eine Geschichte der Ermutigung – vom Soester Kino an die Ufer der Welt

Was bleibt, ist eine Botschaft:
Gott kann aus kleinen Steinen große Wellen machen.
Wir haben den Stein nur ins Wasser geworfen.
Was wir hatten: einen Impuls. Einen Gedanken. Ein „Warum eigentlich nicht?“.

Und dieser Stein hat eine Welle ausgelöst, die bis nach Belém geschwappt ist.
Das Bekenntnis zum Ausstieg aus fossilem Kapital
ist auf Finanzwebseiten gelandet.
hat Kirchen bewegt.
hat Debatten angestoßen.

Und es hat uns gezeigt:
Wir sind nicht machtlos.
Glaube wirkt – oft leise, aber unaufhaltsam.

Wir sehen die Welle und wissen:
Das war nicht das Ende.
Das ist ein Auftrag.

Unsere Hoffnung?
Dass das Schweigen der katholischen Institutionen keine Abkehr bedeutet – sondern eine Atempause, bevor Umkehr, Mut und Taten folgen.

Denn wenn Gott aus einem Kino in Soest bis nach Belém wirkt – warum sollte er nicht auch in Herzen wirken, die momentan noch still sind?

Poster auf der Ökumenischen Konsultation von oikos und EKvW in Bielefeld-Bethel am 22.11.25