Sozial-ökologische Transformation gerecht gestalten

Kirchen fordern mehr Schöpfungsverantwortung und soziale Gerechtigkeit

Wie ernst nehmen die Parteien dieses Thema?

Die Herausforderungen des Klimawandels und der sozialen Ungleichheit machen eine sozial-ökologische Transformation unausweichlich. Angesichts dessen fordern die Kirchen in Deutschland mehr Schöpfungsverantwortung und soziale Gerechtigkeit – auch von der Politik. Doch wie ernst nehmen die Parteien diese Themen in ihren Wahlprogrammen zur Bundestagswahl 2025? Und wie konkret sind ihre Vorschläge?

Kirchen betonen Verantwortung für die Schöpfung

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) haben in den letzten Jahren immer wieder betont, dass der Schutz der Schöpfung und die Bekämpfung sozialer Ungerechtigkeit untrennbar miteinander verbunden sind. In einer gemeinsamen Erklärung zur Bundestagswahl 2025 mahnen sie, dass die Klimapolitik keine rein technokratische Aufgabe sei. Vielmehr brauche es eine wertebasierte Debatte, die den Blick auf die Verwundbarsten in der Gesellschaft lenkt.

Besonders die katholische Soziallehre mit ihrem Prinzip der „Option für die Armen“ und das evangelische Leitbild der Bewahrung der Schöpfung unterstreichen, dass Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit Hand in Hand gehen müssen. Die Kirchen fordern eine gerechte Lastenverteilung, sodass diejenigen, die von der Klimakrise am meisten betroffen sind, nicht auch noch übermäßig belastet werden.

Wie viel Verantwortung für die Schöpfung steckt in den Wahlprogrammen?

Eine Auswertung des Gutachtens „Reformvorschläge der Parteien zur Bundestagswahl 2025: Finanzielle Auswirkungen“ des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) bietet Einblicke in die Klimapolitik der Parteien. Hier zeigt sich ein gemischtes Bild:

  • Klimaneutralität bis 2040: Während einige Parteien ambitionierte Ziele formulieren, etwa die Klimaneutralität Deutschlands bis 2040, fehlen oft konkrete Schritte zur Umsetzung. Besonders im Bereich der erneuerbaren Energien gibt es zwar Ausbaupläne, doch bleiben diese häufig unzureichend finanziert.
  • Förderung nachhaltiger Technologien: Fast alle Parteien setzen auf technologische Innovationen. Doch die Kirchen warnen, dass eine alleinige Fixierung auf Technik nicht ausreicht, um die Erderwärmung zu begrenzen. Es braucht auch Veränderungen im Konsumverhalten und strukturelle Reformen.
  • Internationale Verantwortung: Die EKD betont in ihrer Stellungnahme, dass Deutschland auch global Verantwortung übernehmen muss. Dies schließt eine gerechte Finanzierung für Klimaanpassungsmaßnahmen im Globalen Süden ein – ein Thema, das in den Wahlprogrammen weitgehend unterbeleuchtet bleibt.

Wie viel soziale Gerechtigkeit steckt in den Wahlprogrammen?

Die soziale Dimension der Transformation wird in den Wahlprogrammen unterschiedlich stark gewichtet. Das ZEW-Gutachten zeigt, dass einige Parteien konkrete Maßnahmen zur Entlastung einkommensschwacher Haushalte planen, während andere vor allem auf marktwirtschaftliche Anreize setzen:

  • Soziale Abfederung von Klimamaßnahmen: Eine CO2-Bepreisung ist inzwischen parteiübergreifend akzeptiert. Doch die Frage, wie die Einnahmen verwendet werden sollen, ist umstritten. Während manche Parteien einheitliche Rückvergütungssysteme vorschlagen, wollen andere gezielte Hilfen für Geringverdienende und Familien einrichten.
  • Arbeitsmarktreformen: Die Transformation wird Arbeitsplätze kosten, aber auch neue schaffen. Die Wahlprogramme bieten hier wenig konkrete Antworten, wie Qualifizierung und Weiterbildung gestaltet werden sollen. Die Kirchen fordern eine umfassende Sozialpolitik, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt und niemanden zurücklässt.

Wie steht es um das Klimageld?

Ein zentrales Instrument zur sozialen Abfederung der Klimapolitik ist das sogenannte Klimageld. Die Idee: Einnahmen aus der CO2-Bepreisung werden pro Kopf an die Bevölkerung zurückgezahlt. Das ZEW-Gutachten zeigt, dass dieses Konzept insbesondere einkommensschwachen Haushalten zugutekommen würde. Allerdings unterscheiden sich die Vorschläge der Parteien erheblich:

  • Einige Parteien wollen das Klimageld sofort einführen, um soziale Ungleichheit zu reduzieren.
  • Andere schlagen vor, die Mittel in den Ausbau der Infrastruktur und erneuerbare Energien zu investieren. Kritiker, darunter auch die Kirchen, sehen hier die Gefahr, dass die Entlastung für die Bedürftigsten zu kurz kommt.

Die Kirchen unterstützen das Konzept des Klimageldes, mahnen aber an, dass es als Teil eines ganzheitlichen Ansatzes gedacht werden muss. Es reicht nicht aus, allein finanzielle Hilfen zu verteilen – auch die strukturellen Ursachen der sozialen Ungleichheit müssen angegangen werden.

Fazit: Mehr Mut zur Gerechtigkeit

Die Kirchen fordern von der Politik zur Bundestagswahl 2025 mehr Mut zur Gerechtigkeit. Eine sozial-ökologische Transformation kann nur gelingen, wenn sie sowohl ökologische als auch soziale Belange gleichermaßen berücksichtigt. Das ZEW-Gutachten zeigt, dass die Parteien hier noch Nachholbedarf haben – insbesondere bei der konkreten Umsetzung und Finanzierung ihrer Vorschläge. Die Kirchen rufen dazu auf, dass sich alle gesellschaftlichen Akteure ihrer Verantwortung für die Schöpfung bewusst werden und gemeinsam an einer gerechteren Zukunft arbeiten. Die Bundestagswahl 2025 bietet die Chance, die Weichen dafür zu stellen.

Ein Beitrag von FJ Klausdeinken

Ziele und Zeitpläne für die Klimaneutralität

Die deutschen Parteien haben in ihren Wahlprogrammen zur Bundestagswahl 2025 unterschiedliche Ziele und Zeitpläne für die Klimaneutralität formuliert:

  • Die Linke: Die Linke fordert eine Klimaneutralität bis 2035. Sie plant Maßnahmen wie die Wiedereinführung des Neun-Euro-Tickets und die Abschaffung des Dienstwagenprivilegs, um den Klimaschutz sozial gerecht zu gestalten. Deutschlandfunk
  • Bündnis 90/Die Grünen: Die Grünen streben an, Deutschland bis spätestens 2040 klimaneutral zu machen. Sie setzen dabei auf eine umfassende Modernisierung der Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  • SPD: Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands hat sich das Ziel gesetzt, Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen. Sie plant die Einführung eines Klimageldes, um insbesondere Geringverdiener zu entlasten. Deutschlandfunk
  • FDP: Die Freie Demokratische Partei peilt Klimaneutralität bis 2050 an. Sie setzt dabei auf marktwirtschaftliche Instrumente und technologische Innovationen, um die Klimaziele zu erreichen. Deutschlandfunk
  • CDU/CSU: Die Union hat bisher kein konkretes Datum für die Klimaneutralität festgelegt. Sie betont jedoch die Bedeutung einer starken Industriepolitik und spricht sich gegen bestimmte Klimaschutzmaßnahmen wie das Verbrennerverbot und das Heizungsgesetz aus. Deutschlandfunk
  • Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW): Das BSW hat bisher keine spezifischen Ziele zur Klimaneutralität formuliert. In ihrem Wahlprogramm betonen sie jedoch die Bedeutung von Energieunabhängigkeit und sprechen sich für die Wiederinbetriebnahme der Nord-Stream-Pipelines aus. Deutschlandfunk
  • AfD: Die Alternative für Deutschland lehnt die aktuellen Klimaschutzmaßnahmen ab und stellt den menschengemachten Klimawandel infrage. Konkrete Ziele zur Klimaneutralität sind im Wahlprogramm nicht vorhanden. Deutschlandfunk

Diese unterschiedlichen Zielsetzungen spiegeln die variierenden Prioritäten und Strategien der Parteien im Umgang mit dem Klimawandel wider.

Grafik: Veränderung Armutsrisikoquote in Prozent, ZEW 2025 – Abbildung 41, (url-Link)

Reduzierung des Armutsrisikos durch eine sozialgerechte Verteilung von Steuern

Die Parteien in Deutschland haben in ihren Wahlprogrammen zur Bundestagswahl 2025 unterschiedliche Pläne zur steuerlichen Entlastung und Unterstützung der Unter- und Mittelschicht formuliert:

  • Die Linke: Die Linke plant eine deutliche Entlastung der unteren und mittleren Einkommen. Ihre Vorschläge würden laut Studien zu einer spürbaren Verbesserung des verfügbaren Einkommens für diese Gruppen führen. Statista
  • Bündnis 90/Die Grünen: Die Grünen planen, große Vermögen stärker zu besteuern, um soziale Gerechtigkeit zu fördern. Sie setzen sich für eine einheitliche und pauschale Steuerfreiheit von Aufwandsentschädigungen ein, um insbesondere ehrenamtliches Engagement zu unterstützen. Haufe
  • SPD: Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands plant eine umfassende Einkommenssteuerreform, die 95 Prozent der Steuerzahler entlasten und das oberste 1 Prozent stärker belasten soll. Zudem strebt sie die Einführung eines Mindestlohns von 15 Euro an und möchte sachgrundlose Befristungen von Arbeitsverträgen abschaffen, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern. ADEXA
  • CDU/CSU: Die Union betont die Bedeutung von Leistung und plant, steuerfreie Zuschläge für Überstunden einzuführen, um „Fleiß zu belohnen„. Zudem setzt sie auf flexible Regeln und Vereinfachungen für Unternehmen, um die Wirtschaft zu stärken und Arbeitsplätze zu sichern. ADEXA
  • Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW): Das BSW plant eine Entlastung für Familien mit geringem Einkommen. Ihre Vorschläge zielen darauf ab, die finanzielle Situation von Haushalten mit geringen und mittleren Einkommen zu verbessern. Statista
  • FDP: Die Freie Demokratische Partei setzt auf eine stärkere Entlastung bei der Einkommensteuer, insbesondere für höhere Einkommen. Ihre Vorschläge zielen darauf ab, die Steuerlast für Besserverdienende zu reduzieren, was laut Studien vor allem Wohlhabenden zugutekommen würde. tagesschau.de
  • AfD: Die Alternative für Deutschland strebt ebenfalls eine stärkere Entlastung bei der Einkommensteuer an, wobei ihre Vorschläge besonders den höheren Einkommen zugutekommen würden. tagesschau.de

Diese unterschiedlichen Ansätze spiegeln die variierenden Prioritäten der Parteien in Bezug auf soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Förderung wider.

Wie halten es die Parteien mit dem Klimageld ?

Das Klimageld ist ein finanzielles Instrument, das darauf abzielt, die sozialen Auswirkungen von Klimaschutzmaßnahmen auszugleichen. Es basiert auf der Idee, Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung (z. B. auf fossile Brennstoffe) direkt und gleichmäßig an die Bevölkerung zurückzuzahlen. Dadurch sollen insbesondere einkommensschwache Haushalte entlastet werden, die im Verhältnis stärker von steigenden Energiekosten betroffen sind. Das Klimageld verbindet Klimaschutz mit sozialer Gerechtigkeit, indem es Anreize für klimafreundliches Verhalten schafft und gleichzeitig soziale Ungleichheit mindert.

Die deutschen Parteien haben unterschiedliche Positionen zur Einführung eines Klimageldes oder vergleichbarer steuerlicher Entlastungen, um die Bevölkerung bei den Kosten des Klimaschutzes zu unterstützen:

  • Bündnis 90/Die Grünen: Die Grünen setzen sich für die Einführung eines Klimageldes ein, das Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung an Bürgerinnen und Bürger mit niedrigen und mittleren Einkommen zurückgibt. Dieses Vorhaben konnte in der aktuellen Legislaturperiode nicht umgesetzt werden, soll jedoch nach einem Wahlsieg zeitnah realisiert werden. ZDFmediathek
  • SPD: Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands plant die Einführung eines Klimageldes, um insbesondere Geringverdiener zu entlasten. Details zur Ausgestaltung wurden bislang nicht konkretisiert. Deutschlandfunk
  • Die Linke: Die Linke spricht sich für die Einführung eines Klimageldes aus, um die sozialen Auswirkungen der CO₂-Bepreisung abzufedern. Zudem plant sie die Wiedereinführung des Neun-Euro-Tickets, um den öffentlichen Nahverkehr attraktiver zu gestalten. Deutschlandfunk
  • CDU/CSU: Die Union hat bisher keine konkreten Pläne für die Einführung eines Klimageldes vorgelegt. Sie betont die Bedeutung einer starken Industriepolitik und spricht sich gegen bestimmte Klimaschutzmaßnahmen wie das Verbrennerverbot und das Heizungsgesetz aus. Deutschlandfunk
  • FDP: Die Freie Demokratische Partei setzt auf marktwirtschaftliche Instrumente und technologische Innovationen, um die Klimaziele zu erreichen. Konkrete Pläne für ein Klimageld wurden bislang nicht vorgestellt. Deutschlandfunk
  • AfD: Die Alternative für Deutschland lehnt die aktuellen Klimaschutzmaßnahmen ab und stellt den menschengemachten Klimawandel infrage. Entsprechend gibt es keine Vorschläge für ein Klimageld oder vergleichbare Entlastungen. Deutschlandfunk
  • Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW): Das BSW hat bisher keine spezifischen Pläne zur Einführung eines Klimageldes formuliert. In ihrem Wahlprogramm betonen sie jedoch die Bedeutung von Energieunabhängigkeit und sprechen sich für die Wiederinbetriebnahme der Nord-Stream-Pipelines aus. Deutschlandfunk

Diese unterschiedlichen Ansätze spiegeln die variierenden Prioritäten der Parteien im Umgang mit den sozialen Auswirkungen des Klimaschutzes wider.

ZEW, 20.01.2025

Reformvorschläge der Parteien zur Bundestagswahl 2025: Finanzielle Auswirkungen


Das ZEW Mannheim hat in Kooperation mit der Süddeutschen Zeitung die nanziellen Auswirkungen von Reformvorschlägen der Parteien zur Bundestagswahl 2025 untersucht. Diese betreen die Einkommensteuer und den Solidaritätszuschlag, die Vermögensteuer, das Bürgergeld, den Mindestlohn und Pläne für ein Klimageld. Die Analyse konzentriert sich auf Vorschläge, deren Wirkung für einzelne Haushalte bezierbar ist. Die Ergebnisse gelten somit nicht für die Wahlprogramme als Ganzes, weil viele der Pläne nicht auf einzelne Haushalte herunterzubrechen sind oder zu vage formuliert wurden.

ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH Mannheim
Prof. Dr. Holger Stichnoth (Ansprechpartner), Michael Hebsakerm, 20. Januar 2025

Download des Gutachtens (pdf, 57 Seiten, 2.2 MB)

Bei der Union, FDP und der AfD sinken die Steuereinnahmen – bei den Linken steigen die Steuereinnahmen

Grafik: Fiskalische Erffkete der jeweiligen Wahlprogramme auf den Gesamthaushalt in Mrd EURO, ZEW 2025 – Abbildung 41, (url-Link)

Grafik Statista (url-Link)

FDP, AfD und Union wollen die Reichen durch Steuersenkungen noch reicher machen
die Linke wollen für eine starke steuerliche Unterstützung der Einkommensschwachen sorgen

Grafik ZEW 2025, Abbildung 17: Veränderung im verfügbaren Einkommen nach Bruttoeinkommensklasse (modifiziert) (url-Link)

Bei der AfD profitieren vor allem die Reichen

Schon bei den etwas höheren Einkommen von 60.000 Euro pro Jahr ergäben sich bei AfD und FDP ein deutliches finanzielles Plus. Richtig lukrativ wird es für diejenigen mit hohem oder einem Spitzeneinkommen:

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