eine theologische Betrachtung von FJ Klausdeinken

Dietrich Bonhoeffer prägte in seinem Werk Nachfolge die Unterscheidung zwischen „billiger“ und „teurer“ Gnade. Billige Gnade, so Bonhoeffer, ist die Vergebung, die man sich selbst zuspricht, ohne Umkehr, ohne Reue, ohne Veränderung des eigenen Lebens. Teure Gnade hingegen ist jene, die zwar frei geschenkt wird, aber zugleich den Menschen in die Nachfolge Christi ruft, in die Umkehr (Metanoia) und in eine grundsätzliche Neuausrichtung des Lebens. Diese Unterscheidung lässt sich auch auf den Begriff der Hoffnung übertragen: auf die „billige Hoffnung“ und die „teure Hoffnung“.
Diese Unterscheidung lässt sich, basierend auf den Gedanken von Ruben Zimmermann, Professor für Neues Testament in Mainz, auch auf die christliche Hoffnung übertragen: auf die billige Hoffnung und die teure Hoffnung.
Die billige Hoffnung ist eine Illusion
Die billige Hoffnung ist eine, die sich auf eine Rettung der Welt verlässt, ohne dass der Mensch selbst bereit wäre, Verantwortung zu übernehmen oder sein Leben zu ändern. Sie ist die Illusion, dass alles „schon irgendwie gut wird“, dass Fortschritt, Technik oder ein unbestimmtes Schicksal die Welt heilen, ohne dass wir uns selbst wandeln müssten. Billige Hoffnung ist bequem: Sie erlaubt es, in alten Mustern zu verharren, egoistische Strukturen zu festigen und doch auf ein gutes Ende zu warten. Diese Hoffnung ist billig, weil sie nichts kostet, keine Opfer verlangt und den Menschen unberührt lässt. Sie beruhigt, anstatt aufzurütteln. Diese Hoffnung ist bequem, weil sie den Menschen nichts kostet. Sie ähnelt den falschen Propheten, die in Jeremia 6,14 verkünden: „Friede, Friede!“ und doch ist kein Friede da. Billige Hoffnung verschleiert die Realität von Schuld und Verstrickung und erstickt die Dringlichkeit der Buße.
Teure Hoffnung ist eine Zumutung
Die teure Hoffnung dagegen ist nicht naiv und nicht bequem. Sie kostet etwas – nicht im Sinne von Geld, sondern im Sinne von einem Sinneswandel, einer inneren Umkehr, von einer Metanoia, die das Denken, Fühlen und Handeln des Menschen neu ausrichtet. Teure Hoffnung verlangt, dass wir selbst zur Veränderung bereit sind, dass wir Schuld erkennen und Wege der Umkehr suchen.
Sie bedeutet, die eigene Verstrickung in Ungerechtigkeit, in Zerstörung der Schöpfung und in Gewalt wahrzunehmen – und daraus Konsequenzen zu ziehen. Teure Hoffnung ist nicht das Vertrauen auf eine automatische Rettung, sondern der Glaube daran, dass Heil möglich ist, wenn wir uns rufen lassen, wenn wir mitwirken und uns der Transformation öffnen. Sie vertraut auf die Zusage Gottes, dass er „einen neuen Himmel und eine neue Erde“ schaffen wird (Jesaja 65,17; Offenbarung 21,1), aber sie erkennt zugleich, dass diese Hoffnung untrennbar mit der Umkehr verbunden ist: „Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen“ (Matthäus 3,2).
So verstanden ist teure Hoffnung kein billiger Trost, sondern eine Zumutung. Sie ruft zur Verantwortung. Sie erkennt, dass wahre Hoffnung immer auch Handeln einschließt: den Einsatz für Gerechtigkeit, für Versöhnung, für die Bewahrung der Schöpfung. Sie ist Hoffnung im Modus der Nachfolge – Hoffnung, die nicht von außen konsumiert wird, sondern von innen gelebt.
Teure Hoffnung ist unlösbar mit Umkehr und Neuorientierung verbunden
In einer Welt voller Krisen – ökologisch, politisch, sozial – ist die Unterscheidung zwischen billiger und teurer Hoffnung von besonderer Dringlichkeit. Wer sich auf billige Hoffnung verlässt, läuft Gefahr, tatenlos auf Rettung zu warten, während die Zerstörung voranschreitet. Wer sich aber auf teure Hoffnung einlässt, erkennt: Hoffnung ist ein Geschenk, aber sie fordert auch unser Herz und unsere Hände. Dieselbe Hoffnung drängt zur Transformation: „Stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes“ (Römer 12,2).
Billige Hoffnung lähmt – teure Hoffnung wandelt
Die teure Hoffnung erkennt, dass der Weg ins Reich Gottes nur durch die Nachfolge Jesu führt, durch das tägliche Sterben und Auferstehen mit ihm (vgl. Lukas 9,23). Sie kostet das Leben – und schenkt doch das Leben.