Die Dekoloniale Perspektive auf die Klimakrise: Eine kritische Betrachtung

von FJ Klausdeinken

Im Kontext von Kolonialismus, Imperialismus und kapitalistischer Ausbeutung

Die Klimakrise ist zweifellos eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Während die Auswirkungen des Klimawandels weltweit spürbar sind, ist es wichtig, die verschiedenen Perspektiven auf dieses komplexe Problem zu berücksichtigen. Eine dieser Perspektiven ist die dekoloniale Sichtweise, die eine kritische Analyse der historischen und strukturellen Ursachen der Klimakrise bietet.

Die dekoloniale Perspektive betrachtet die Klimakrise nicht isoliert, sondern in einem breiteren Kontext von Kolonialismus, Imperialismus und kapitalistischer Ausbeutung. Sie argumentiert, dass die heutige globale Ungleichheit und Umweltzerstörung direkt auf die koloniale Vergangenheit zurückzuführen sind, in der reiche Länder ihre Macht genutzt haben, um Ressourcen aus den ehemaligen Kolonien zu extrahieren und ökologische Schäden zu verursachen.

Umweltzerstörung und sozialer Ungerechtigkeit

Ein zentraler Punkt der dekolonialen Perspektive ist die Betonung der Verbindung zwischen Umweltzerstörung und sozialer Ungerechtigkeit. Diejenigen, die am meisten unter den Auswirkungen des Klimawandels leiden, sind oft diejenigen, die am wenigsten dazu beigetragen haben. Indigene Völker, marginalisierte Gemeinschaften und Menschen im globalen Süden sind besonders verwundbar gegenüber den Folgen von Dürren, Überschwemmungen und anderen Extremwetterereignissen, die durch den Klimawandel verursacht werden.

Darüber hinaus zeigt die dekoloniale Perspektive auf, wie der kapitalistische Wirtschafts- und Entwicklungsdiskurs weiterhin die Ausbeutung von Menschen und Ressourcen fördert. Durch die Förderung eines ungebremsten Wirtschaftswachstums und einer Profitmaximierung auf Kosten von Mensch und Umwelt verstärkt das gegenwärtige System die bestehenden Ungleichheiten und trägt zur Eskalation der Klimakrise bei.

Papst Franziskus bezieht Stellung

Ebenso wie das Gebot „du sollst nicht töten“ eine deutliche Grenze setzt, um den Wert des menschlichen Lebens zu sichern, müssen wir heute ein „Nein zu einer Wirtschaft der Ausschließung und der Disparität der Einkommen“ sagen. Diese Wirtschaft tötet. Es ist unglaublich, dass es kein Aufsehen erregt, wenn ein alter Mann, der gezwungen ist, auf der Straße zu leben, erfriert, während eine Baisse um zwei Punkte in der Börse Schlagzeilen macht. Das ist Ausschließung. Es ist nicht mehr zu tolerieren, dass Nahrungsmittel weggeworfen werden, während es Menschen gibt, die Hunger leiden. Das ist soziale Ungleichheit. Heute spielt sich alles nach den Kriterien der Konkurrenzfähigkeit und nach dem Gesetz des Stärkeren ab, wo der Mächtigere den Schwächeren zunichte macht. Als Folge dieser Situation sehen sich große Massen der Bevölkerung ausgeschlossen und an den Rand gedrängt: ohne Arbeit, ohne Aussichten, ohne Ausweg. Der Mensch an sich wird wie ein Konsumgut betrachtet, das man gebrauchen und dann wegwerfen kann. Wir haben die „Wegwerfkultur“ eingeführt, die sogar gefördert wird. Es geht nicht mehr einfach um das Phänomen der Ausbeutung und der Unterdrückung, sondern um etwas Neues: Mit der Ausschließung ist die Zugehörigkeit zu der Gesellschaft, in der man lebt, an ihrer Wurzel getroffen, denn durch sie befindet man sich nicht in der Unterschicht, am Rande oder gehört zu den Machtlosen, sondern man steht draußen. Die Ausgeschlossenen sind nicht „Ausgebeutete“, sondern Müll, „Abfall

Apostolisches Schreiben EVANGELII GAUDIUM, 2013

Mehr Respekt und Anerkennung

Ein wichtiger Aspekt der dekolonialen Perspektive ist die Anerkennung indigener Wissenssysteme und traditioneller Lebensweisen als Quellen der Resilienz und Nachhaltigkeit. Indigene Gemeinschaften auf der ganzen Welt haben über Jahrhunderte hinweg ein tiefes Verständnis für ihre Umwelt entwickelt und praktizieren oft nachhaltige Lebensweisen, die im Einklang mit der Natur stehen. Die Integration dieses Wissens in die Klimapolitik und -praxis könnte einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Klimakrise leisten. Um eine gerechte und nachhaltige Lösung für die Klimakrise zu finden, ist es unerlässlich, die dekoloniale Perspektive zu berücksichtigen. Dies erfordert eine Umgestaltung der globalen Machtstrukturen, die Anerkennung historischer Ungerechtigkeiten und die Förderung alternativer Entwicklungsmodelle, die auf Solidarität, Gleichberechtigung und ökologischer Gerechtigkeit basieren. Indem wir die Stimmen und Erfahrungen derjenigen, die am stärksten von der Klimakrise betroffen sind, in den Mittelpunkt unserer Bemühungen stellen, können wir eine Zukunft schaffen, in der alle Menschen in Harmonie mit der Natur leben können.

Weiterführende Literatur

  • Apostolisches Schreiben EVANGELII GAUDIUM von Papst Franziskus (2013) (url-Link)
  • Dekoloniale Perspektive auf die Klimakrise – Für eine antirassistische Klimabewegung
    Weiterlesen und Download auf www.bundjugend.de (url-Link)
  • Der Elefant im Raum – Umweltrassismus in Deutschland
    Studien, Leerstellen und ihre Relevanz für Klima- und Umweltgerechtigkeit
    Weiterlesen und Download auf www.boell.de (url-Link)
  • Praxisbuch Transformation dekolonisieren – Ökosozialer Wandel in der sozialen und pädagogischen Praxis
    Weiterlesen und Download auf library.oapen.org (url-Link)

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Kumulierte CO2-Emissionen nach Ländern im Zeitraum 1850 bis 2021

Insgesamt haben die Menschen seit 1850 rund 2.500 Gigatonnen CO2 freigesetzt. Die Statistik unterscheidet Emissionen, die auf der einen Seite durch den Gebrauch von fossilen Brennstoffe und Zement zustande kommen, und auf der anderen Seite durch Landnutzung und Entwaldung entstehen.

Grafik auf de.statista.com (url-Link)

https://www.ekd.de/kolonialismus-aufarbeitung-ekd-kulturbeauftragter-claussen-49229.htm