am 03. Dez. stellten sich 100 Menschen in Bremen den Polizisten in den Weg, der Pastor ließ die Glocken läuten
Mitten in der Nacht wollten Beamte in Bremen einen Somalier aus einer evangelischen Kirche holen. Doch rund 100 Menschen stellten sich den Polizisten in den Weg, und der Pastor ließ die Glocken läuten.
Der Berliner Bischof Christian Stäblein appelliert an die Menschlichkeit
Im November hatte das oberste evangelische Kirchenparlament den Rat der EKD mit neuen Gesprächen mit Bundesinnenministerium und Bamf beauftragt: „Ich erwarte, ich erhoffe und ich fordere, dass wir zu dieser Kooperation zurückkehren – auch im Sinne der Menschlichkeit dieser Gesellschaft“, sagte der EKD-Flüchtlingsbeauftragte, der Berliner Bischof Christian Stäblein im November.
Weiterlesen: Bericht vom 03.12.24 auf www.sueddeutsche.de (url-Link)
Kirchensaal des Zion-Gemeindezentrums in der Bremer Neustadt. Pastor Thomas Lieberum, Lars Ackermann (Zuflucht e.V.), Bernd Kuschnerus und Gundula Oerter vom Flüchtlingsrat Bremen.(Foto: Matthias Dembski /Bremische Evangelische Kirche)
Bremische Evangelische Kirche will Dialog über das Kirchenasyl fortsetzen
In der evangelischen Kirchengemeinde Bremen-Neustadt verhinderten in der vergangenen Nacht rund 100 Menschen durch friedlichen, zivilen Ungehorsam die Abschiebung eines 25-jährigen Somaliers aus dem Kirchenasyl. Gemeindepastor Thomas Lieberum ließ die Glocken läuten, Gemeindemitglieder und weitere Unterstützer blockierten den Zugang zum Gemeindezentrum Zion in der Kornstraße.
Es war der erste Versuch in Bremen, behördlicherseits ein Kirchenasyl aufzuheben.
Dazu erklärt der Schriftführer der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK), Pastor Dr. Bernd Kuschnerus:
„Das Kirchenasyl ist und bleibt ein wichtiger, unverletzlicher Schutzraum in besonderen Härtefällen. Es gab dazu in Bremen bisher gute und verlässliche Verfahrenswege im Dialog zwischen der Innenbehörde und den Kirchen. Das jetzige Vorgehen gegen ein Kirchenasyl in der Bremer Neustadt ist eine deutliche Abweichung von dieser bisherigen, gemeinsamen Linie von Staat und Kirchen.
Wir sehen, dass die Behörde und der Innensenator politisch unter Druck stehen. Die politische Stimmungslage mag schwierig sein, als Kirche fühlen wir uns verpflichtet die einzelnen Menschen im Blick zu haben. Unser Auftrag ist, ihnen zur Seite zu stehen.
Wir bedauern sehr, dass heute Nacht behördlicherseits der Versuch unternommen wurde, das Kirchenasyl im Gemeindezentrum Zion in der Bremer Neustadt aufzuheben. Ich empfinde dies als ein deutlich anderes Vorgehen, als wir es bisher erlebt haben.
Ich habe die Erwartung, dass wir zu dem bisherigen guten Einvernehmen zwischen Staat und Kirchen zurückkehren. Die Fluchtgründe der Menschen, ihre Schicksale, ihre Erfahrungen mit Gewalt und Folter lassen uns nicht kalt. Über 100 Menschen haben das Kirchenasyl im Gemeindezentrum Zion heute Nacht durch ihren zivilen Widerstand geschützt. Wir sehen das als ein wichtiges Zeichen, dass es in Bremen keine Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal geflüchteter Menschen gibt.
Jedes Kirchenasyl prüft der Verein Zuflucht – Ökumenische Ausländerarbeit in Bremen vorab sehr sorgfältig. Die allermeisten Anfragen werden abgelehnt. Wer in Gemeinden der Bremischen Evangelischen Kirche nach dieser intensiven Einzelfallprüfung Kirchenasyl bekommt, hat aus unserer Sicht tatsächlich tragfähige Gründe.
Die ausführlichen Beschreibungen in den Dossiers, die die Kirchengemeinden und Zuflucht e.V. für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erstellen, müssen aber auch genau gelesen und geprüft werden. Ablehnungen müssen seitens des BAMF begründet werden. Das ist in diesem Fall offenbar leider nicht gegeben. Uns geht es darum, dass rechtsstaatliche Verfahren eingehalten werden und es nicht zu pauschalen Ablehnungen kommt.
Als Kirche können wir die Flüchtlingsthematik insgesamt nicht lösen und Kirchenasyl ist kein rechtsfreier Raum. Aber wir haben in Deutschland ein Asylrecht und wir wollen, dass das eingehalten wird.
Ich setzte darauf, dass wir gemeinsam mit der bremischen Politik trotz des Drucks von Außen auf den bisherigen Weg des Dialogs zurückkehren, um gemeinsam tragfähige Lösungen für humanitäre Härtefälle zu finden. Wir appellieren deshalb an Innensenator Ulrich Mäurer, zum bisherigen, guten Verfahren zurückzukehren.“
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30 Jahre „Zuflucht“ – Kirchliche Hilfe für Geflüchtete
1994 gründeten engagierte evangelische und katholische Christen und Christinnen in Bremen den Verein „Zuflucht“. Er sollte unterschiedliche Flüchtlingsgruppen vernetzen, Geflüchteten durch Sprachkurse und Beratung helfen und Kirchengemeinden und Freiwillige in der Flüchtlingsarbeit unterstützen.
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Evangelische Kirche mahnt: Mehr Respekt für Kirchenasyl
Acht Kirchenasyle sind in jüngster Zeit durch Behörden geräumt worden. Die Evangelische Kirche in Deutschland sieht darin den Bruch einer Vereinbarung – und verlangt mehr Respekt vom Staat.
„Ich erwarte, ich erhoffe und ich fordere, dass wir zu dieser Kooperation zurückkehren – auch im Sinne der Menschlichkeit dieser Gesellschaft“, sagte der Flüchtlingsbeauftragte der EKD, Bischof Christian Stäblein, vor Journalisten. Die Räumung von bundesweit acht Kirchenasylen durch Behörden in jüngster Zeit erfülle ihn mit Sorge. Die Räumungen seien ohne weitere Absprachen mit den Gemeinden erfolgt. Dies sei bislang keine Praxis gewesen.
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