Appell an die Kirche in Deutschland Aktionen gegen die Klimakatastrophe

Appell vom 28.10.22 von über 100 Theolog*innen

Appell an die Verantwortungsträgerinnen und Theologinnen in der katholischen Kirche in Deutschland angesichts der Aktionen gegen die Klimakatastrophe

Immer mehr Gruppen und Menschen beteiligen sich an gewaltfreien Aktionen des Zivilen Ungehorsams gegen die ökologische und klimatische Krise. Wir, die Unterzeichnenden, teilen die Anliegen der Aktivistinnen. Angesichts der Dramatik der Situation, der schwindenden Handlungsfenster und der Unzulänglichkeit bisheriger Diskurswege rufen wir dazu auf, diese Aktionen solidarisch zu unterstützen. Denken wir daran: Ziviler Ungehorsam ist bis in die Gegenwart hinein Bestandteil christlicher Praxis (Kirchenasyl u.ä.), immer wieder neu inspiriert durch die Erinnerung an Prophetinnen und Jesus.

Die Lebensumstände von 3,3 bis 3,6 Milliarden Menschen sind durch die Klimakatastrophe bereits jetzt „hochgradig gefährdet“ (IPCC, Weltklimarat). Jeden Tag sterben bis zu 150 Tier- und Pflanzenarten aus. Die klimawissenschaftlichen Erkenntnisse über den Zustand der Schöpfung Gottes sind erschütternd, die Konsequenzen, insbesondere für den Globalen Süden, desaströs. Diese sich rasch entwickelnde Notlage fordert uns Theolog*innen zum Handeln heraus.

Wir sind Katholikinnen und Wissenschaftlerinnen. Wir wissen um die Sorgfalt wissenschaftlicher Abwägung. Christliche Theologie nimmt auf einen inkarnierten Gott Bezug und damit auf die konkreten Situationen und gegenwärtigen Lebensbedingungen aller Geschöpfe. Theologie kann nicht von einem neutralen Standpunkt aus betrieben werden. Im Gegenteil: Als Christ*innen tragen wir zentrale Verantwortung für die Welt. Die Botschaft des Evangeliums von Heil und Gerechtigkeit bezieht sich auf die ganze Schöpfung. Es ist angesichts des Notstands der Erde nicht mehr möglich, Theologie zu betreiben, die diese Notlage nicht als ihre zentrale Herausforderung begreift.

Wir Unterzeichnende begreifen unsere Disziplinen, etwa die Sozialwissenschaften, die Philosophie und die Theologie, als engagierte Wissenschaften, die der Dringlichkeit der Situation nicht ausweichen können; sie stehen vielmehr in der Pflicht, alles zu tun, um die Erkenntnisse der Klimawissenschaften im öffentlichen Raum bekannt zu machen und sie in unser eigenes Handeln und Forschen zu integrieren. Wir sind der Auffassung, dass sie auch konkret tätig werden sollten, indem sie das „Weiter-So“ unterbrechen helfen und damit einen Beitrag leisten, bedrohtes Leben zu retten. Wo das Überleben vieler Menschen und nicht-menschlicher Lebewesen auf dem Spiel steht, ist der Einsatz von Kirche und Theologie aufgrund ihrer theologischen Identität unverzichtbar.

Die Entscheidungsträgerinnen in der Kirche bitten wir: Machen Sie Ihren Einfluss geltend, dass der fossile Irrweg schnellstmöglich gestoppt und eine Wende vollzogen wird. Dann werden solche Aktionen unnötig. Bis es aber so weit ist, bitten wir Sie: Seien Sie solidarisch mit jenen, die sich aktivistisch engagieren, und lassen Sie es nicht zu, dass Menschen, die sich gewaltfrei für die Rettung der Schöpfung einsetzen, diskreditiert und bestraft werden. Wir appellieren speziell an die katholischen Theologinnen, die gewaltfreien Aktionen des Zivilen Ungehorsams gegen die ökologische und klimatische Krise zu unterstützen. Die Unterstützung kann vielfältig sein: durch Teilnahme, durch Solidaritätsbekundungen, durch Diskussionen in Lehrveranstaltungen und dadurch, die klimawissenschaftlichen Fakten unüberhörbar in Gesellschaft, Politik und Kirche einzubringen.

Initiator*innen
Dr. Jörg Alt SJ (Sozialwissenschaftler/Migrationssoziologe, Nürnberg)
Prof.in Dr. Ute Leimgruber (Pastoraltheologin, Nürnberg)
Prof. Dr. Jürgen Manemann (Theologe & Politikphilosoph, Hannover)

Weiterlesen und Mitunterzeichnen auf www.joergalt.de (url-Link)

Die Bischöfe sollen für eine Wende in der Klimapolitik ihren Einfluss geltend machen und sich solidarisch mit Klimaaktivisten zeigen: 103 katholische Theologen bezeichnen in einem Appell zivilen Ungehorsam als Bestandteil christlicher Praxis.
Bericht auf katholisch.de (url-Link)

Eine Gruppe von Wissenschaftlern hat Verantwortliche in Politik und katholischer Kirche zur Solidarität mit Klimaaktivisten aufgerufen. 100 Sekunden vor 12 Uhr blockierten Engagierte rund um die Gruppe Scientist Rebellion am Freitag die Fahrspuren am Münchner Stachus. Solidarisch begleitet wurde die Aktion von einer Gruppe katholischer Ordensleute.
Bericht auf evangelisch.de (url-Link)