Podiumsdiskussion „Klimaneutral bis 2030 – Verantwortung für unsere Stadt“

am Mo. 30.08.21 von 18 bis 19:30 Uhr in St. Petri Soest

Klimawoche

Zum Nachnachauen: YouTube-Video (url-Link]

Zum Nachlesen: Bericht und Fragen weiter unten
(auch als Download)


Ankündigung

Die Stadt Soest soll bis 2030 die Klimaneutralität erreicht haben – eine mutiger Entscheidung. Aber wie führt der Weg dorthin und wer muss mit eingebunden werden? Dieser Frage wird die Moderatorin Ute Buschhaus nachgehen und dazu die Verantwortungstragenden  unserer Stadt Bürgermeister Dr. Ruthemeyer, Propst Röttger und Superintendent Dr. Schilling ebenso dazu befragen wie die engagierten Vertreter:innen der lokalen und regionalen Bürger:innenschaft Bernd Ellersiek, Madee Pande und Beate Petersen. Denn schon jetzt ist klar: das Großprojekt „Klimaneutralität“ ist nur als Gemeinschaftsaufgabe zu bewältigen.

— Ablauf der Veranstaltung —

Wir möchten uns konkret auf Themen und Aufgabenstellungen konzentrieren, die wir vor Ort beeinflussen können. Braunkohletagebau und Autobahnen gehören nicht dazu. Wir erwarten eine konstruktive Diskussion mit gegenseitigem Respekt.

Im ersten Teil des Abends sollen die Ziele und Konzepte von Stadt, Kirchen und Gruppierungen im Mittelpunkt stehen. Inwieweit hat der Ratsbeschluss bereits ein verstärktes Handeln ausgelöst? Welche Aktivitäten gibt es bereits und welche sind konkret geplant. Wieviel bewirken diese? Wo und wie werden diese Aktivitäten sichtbar und wie werden sie kommuniziert?

Der zweite Teil des Abends ist der Diskussion gewidmet, wie Verantwortung geteilt werden kann. Ermöglichen bzw. fördern Politik und auch Kirchenleitung aktiv Bürger:innenbeteiligung? Wie können Initiativen mitarbeiten und werden aufgrund ihres Fachwissens mit einbezogen? Besteht eine ausreichende Vernetzung zwischen Politik, Kirchen und den zahlreichen Initiativen in der Bürger:innenschaft?

— Unsere Gäste auf dem Podium —

Folgende Gäste dürfen wir auf dem Podium begrüßen (in alphab. Reihenfolge):

Die Moderation übernimmt Ute Buschhaus . https://www.ute-buschhaus.de/


Bericht:

Gemeinsam die Klimaneutralität 2030 erreichen

So hätte es Bürgermeister Dr. Eckhard Ruthemeyer gerne, wenn er beim Eingangsstatement davon spricht „Hier im Podium sind wir uns sicherlich im Ziel einig.“

Eröffnet wurde die Podiumsdiskussion am 30.08.21 von Kerstin Werner (Sprecherin des Arbeitskreises Kirche und Klima) und Dr. Franz-Josef Klausdeinken (Mitglied im AK). „2020 haben wir den Arbeitskreis gegründet mit dem Ziel, lokale Umweltinitiativen und Soester Kirchengemeinden zusammen zu bringen, um gemeinsam den Klimaschutz in unserer Stadt voran zu bringen. Es ist vorbildlich, dass der Rat der Stadt Soest im Juni 2020 den Beschluss gefasst, Soest bis 2030 in die Klimaneutralität führen zu wollen.


Eingangsstatements

Madee Pande von den FFF Soest brachte es auf den Punkt: Um das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5°C zu begrenzen, braucht es enorme Kraftanstrengungen und globales Handeln. Der Klimawandel hat bereits enorme Schäden angerichtet. Wir müssen jetzt aktiv werden und gerade hier in Deutschland und in Soest auf eine nachhaltige Lebensweise setzen. Wir sollten die Pflicht zur Klimawende als Chance begreifen, diesen Planeten lebenswert zu erhalten.

Der nachdrückliche Appell war eine Steilvorlage für Bürgermeister Dr. Eckhard Ruthemeyer. Durch den Beschluss des Rates der Stadt bis 2030 die Stadt Soest klimaneutral zu gestalten, hat die Politik bereits entscheidende Weichen gestellt und ein „Masterplan Klimapackt“ entwickelt. Dieser setzt schwerpunktmäßig an drei Bereichen an: deutlicher Ausbau der Erneuerbaren Energien, energetische Ertüchtigung von Bestandsgebäuden / hohe Energiestandards bei Neubauten und eine Verkehrswende durch den  Verkehrsentwicklungsplan KlimaPlus, damit Fahrrad und ÖPVN eine zentrale Bedeutung bekommen. Wichtig ist ein Bewusstseinswandel bei den Menschen, um diese mitzunehmen und das gemeinsame Handeln aller Bürger*innen, Institutionen und der Wirtschaft.

Mit Spannung erwartete das Publikum die Antworten, wie die ev. und kath. Kirchen dem Klimawandel entgegenwirken wollen.

Mit dem Eingangsstatement führte Superintendent Dr. Manuel Schilling für den ev. Kirchenkreis Soest-Arnsberg aus: Wir haben ein Klimakonzept verabschiedet und kommen nun in die Umsetzung. Wir wollen bis 2040 klimaneutral werden. Das Konzept beinhaltet die Schwerpunkte: Gebäude, Mobilität, Flächen, Beschaffung, Bewusstseinsbildung. Wir wollen einen Klimamanager einstellen der uns hilft, in den nächsten 5 Jahren den CO2-Ausstoß gewaltig zu reduzieren.

Wie dem Klimawandel seitens der kath. Ortskirche entgegen zu wirken ist, ist für Propst Röttger, der für den Pastoralen Raum Soest sprach, eine Frage nach dem Zugang zum Thema und eine Frage nach der Lebensweise. Von Schöpfung zu reden, die Solidarität, die innere Umkehr und der Glaube an Gottes Hilfe sind wichtige Eckpfeiler. In Bezug auf die Klimawende führt er aus: „Bei uns vor Ort haben wir den Gedanken der fairen und verbundenen Welt durch „Eine-Welt-Gruppen“.

Gestalterische Visionen stellte Bernd Ellersiek von Bürgerinitiative SO-Lebenswert und dem VCD vor: Soest ist durch seinen mittelalterlichen Stadtkern prädestiniert für eine begrünte, für eine barrierefrei und autoarme Innenstadt. Der Straßenraum muss wieder Lebens- und Begegnungsraum werden. Unser Konzept hat drei Teile: 1. Soest atmet auf: durch Begrünung und Freilegung von Quellen/Wasserläufen der Überhitzung entgegenwirken. 2. Soest steigt um: Ohne eine Verkehrswende überhitzen die Innenstädte. 3. Soest erholt sich: Wir brauchen einen Naherholungsring um Soest, der auch für eine bessere Durchlüftung der Stadt sorgt.
Wir brauchen auch mehr Sicherheit im Straßenverkehr, eine Neuaufteilung des Straßenraums mit einer durchgängigen Fahrrad-Infrastruktur. Wir brauchen mehr Car-Sharing und Bike-Sharing Angebote. Wir wünschen uns Tempo-30 im Innenstadtbereich und einen ÖPNV mit einer engeren Taktung.

Wie der Wandel gelingen kann, berichtete Beate Petersen von der Gemeinwohl-Ökonomie aus Wuppertal. Für sie geht es um Gerechtigkeit und vernetztes Denken. Für das konkrete, lokale Handeln nennt sie einige Beispiele aus Wuppertal:
Um die Energiewende schnell und deutlich nach vorne zu bringen, ist es am besten, wenn viele Initiativen und Akteure sich unter diesem gemeinsamen Ziel vernetzen, um möglichst viele Bürgerprojekte vor Ort zu initiieren. Es geht aber auch um Menschenwürde, ökologische Gerechtigkeit und Mitbestimmung. Nur so können wir die Menschen mitnehmen und für gemeinsames Handeln motivieren. Und im Bereich Naturschutz geht es u.a. darum, die Flächenversiegelung zu stoppen. So dürfen zukünftig nur Flächen versiegelt werden, wenn andere entsiegelt werden.

glaubhaft, zielorientiert und konsequent die Klimaziele umsetzen

Nach diesen Eingangsstatements standen die fast 50 Fragen der interessierten Menschen im Fokus, die aber im Rahmen der 1 ½-stünden Podiumsdiskussion nur zum Teil beantwortet werden konnten.

Für die Fragende ist es wichtig, dass Kommune und Kirche glaubhaft, zielorientiert und konsequent die Klimaziele umsetzen, um die Klimaneutralität 2030 zu erreichen. Mehrfach wurden konkrete Antworten eingefordert. Neben Projekten, wie der Einsatz von „Erneuerbaren Energien“ oder „energetische Gebäudesanierung“ geht es auch um Fragen, wie hoch der CO2-Ausstoß bei den Gebäuden ist und welche Ressourcen (Personal, Finanzen) notwendig sind, um das Ziel Klimaneutralität zu erreichen. Auch die Regenwassernutzung, die ökologische Aufwertung von Grünflächen (u.a. Blühstreifen, Bäume) und der Einkauf von „Ökostrom“ und „klimaneutralem Erdgas“ wurde erfragt. Neben dem Verhalten der Kirchengemeinden wurde auch das „private“ Verhalten der Christen hinsichtlich Lebensstil, Konsum und Anlagenbeteiligung thematisiert.

mehr Erneuerbare Energie durch Installation von Photovoltaik-Anlagen

Sehr konkret wurde es bei der Frage der Installation von Photovoltaik-Anlagen. Neben der Nutzung von Dachflächen im Innenstadtbereich (z.B. auf dem Kaufhaus Kress) wurde auch die Nutzung von Kirchdächern, Gemeindehäusern und Verwaltungszentren thematisiert. Auch wenn Dr. Schilling sich sogar eine Nutzung der Südflächen von Kirchdächern vorstellen kann, setzen bei historischen Gebäuden Denkmalschutz, Innenstadtsatzung und Vorgaben der Landeskirche/Bistum enge Grenzen.

Die noch fehlende PV-Anlage auf dem frisch umgebauten Verwaltungszentrum des Pastoralen Raums am Paradieser Weg wurde mehrfach angemerkt. Propst Röttger führte aus, dass das 35 Jahre alte „Dach jetzt noch einmal näher angeschaut werden muss, bevor das umgesetzt werden wird. Aber das sind die Punkte, wo das sehr gut geht“.

Einkauf von „Ökostrom“ und „klimaneutralem Erdgas

Dort, wo der Strombedarf durch die Eigenproduktion nicht kompensiert werden kann, sollte ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien (Ökostrom) zugekauft werden. Deutlich komplizierter ist eine mögliche Umstellung der Heizenergie. Hier sollte wegen fehlender kurzfristiger Alternativen der Einkauf von „klimaneutralem“ Erdgas erfolgen.

Superintendent Dr. Schilling erläutert, dass der Ev. Kirchenkreis solche Rahmenverträge geschlossen und den Einkauf den Kirchengemeinden anbietet. Ob diese sich darauf einlassen, entscheiden die Presbyterien.

Ähnliches ist von Propst Röttger zu hören: Bei uns werden diese Energiedinge überörtlich, von den Gemeindeverbände koordiniert, um zu erreichen, dass „Ökostrom“ in den Kirchengemeinden verwendet wird. Jeder Kirchenvorstand entscheidet jedoch für sich.

Bürgermeister Dr. Eckhard Ruthemeyer ergänzt: Um den Bürgern zukünftig mehr Regionalstrom aus Erneuerbaren Energien anzubieten, werden auf dem Stadtgebiet neue Windkraft-Anlagen und Solarflächen entstehen. Im Neubaugebiet Soester Norden entsteht das größte „Kalte-Wärme-Netz“ in Deutschland. Hier wird mit Erdwärme und Ökostrom klimaneutrales Heizen ermöglicht.


mehr Beteiligung von Gemeindemitglieder*innen und Bürger:innen

Im letzten Teil der Podiumsdiskussion ging es um die Frage: „Wie können wir in Soest Gemeindemitglieder*innen und Bürger:innen der Stadt besser beteiligen?

Bürgermeister Dr. Ruthemeyer verweist auf das „KlimaNetz Soest“, bei dem zahlreiche Initiativen und Akteure sich beteiligen. Auch die Umwandlung des Wohngebiets „Gotlandweg“ in ein „Sanierungsgebiet“ sollte die Hausbesitzer über zusätzliche Steuervorteile motivieren. Allerdings war die Stadt bisher nicht überzeugend genug, so dass zusätzliche Sanierungsmanager eingestellt werden.

Superintendent Dr. Schilling führt aus, dass die Gemeinden über Presbyterien, Gruppen und Initiativen direkt beteiligt sind und zukünftig Gemeinde-Klimaverantwortliche benannt werden sollen, die auch aus dem sozialen Umfeld kommen können.

Für Propst Röttger ist es nicht notwendig, dass das Thema „Klima und Gerechtigkeit“ in Gemeinden verortet sein muss. Diese Veranstaltung ist das beste Beispiel, dass es Menschen gibt, denen das ein Anliegen ist, die das Einbringen und die ein Ziel haben. Das ist der Weg, wie es geschehen kann.

Beide Kirchenleitungen begrüßen ausnahmslos das Mitwirken von Gemeindemitgliedern und anderen Menschen an diesem wichtigen Thema.


Den Bericht und die Fragen gibt es auch als Download


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