Papstbotschaft zum Welttag der Schöpfung am 1. September

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Liebe Brüder und Schwestern,

„Höre auf die Stimme der Schöpfung“, so heißt das Thema und die Einladung zur diesjährigen Zeit der Schöpfung. Die ökumenische Zeitspanne beginnt am 1. September mit dem Weltgebetstag für die Bewahrung der Schöpfung und endet am 4. Oktober mit dem Fest des heiligen Franziskus. Es ist eine besondere Zeit für alle Christen, um gemeinsam zu beten und für unser gemeinsames Haus Sorge zu tragen. Ursprünglich vom Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel inspiriert, ist diese Zeit eine Gelegenheit, unsere „ökologische Umkehr“ zu kultivieren, eine Umkehr, die vom heiligen Johannes Paul II. als Antwort auf die vom heiligen Paul VI. bereits 1970 vorausgesagte „ökologische Katastrophe“[1] gefördert wurde.

Als gläubige Menschen fühlen wir uns noch mehr verpflichtet, in unserem täglichen Verhalten dieser Aufforderung zur Umkehr nachzukommen. Aber sie ist nicht nur individuell: »Die ökologische Umkehr, die gefordert ist, um eine Dynamik nachhaltiger Veränderung zu schaffen, ist auch eine gemeinschaftliche Umkehr« (ebd., 219). In dieser Hinsicht ist auch die Staatengemeinschaft aufgerufen, sich insbesondere bei den UN-Tagungen, die sich mit Umweltfragen befassen, im Geiste größtmöglicher Zusammenarbeit zu engagieren.

Ich wiederhole: »Ich möchte im Namen Gottes die großen Bergbau-, Erdöl-, Forst-, Immobilien- und Agrarunternehmen auffordern, mit der Zerstörung von Wäldern, Feuchtgebieten und Bergen, der Verschmutzung von Flüssen und Meeren und der Vergiftung von Menschen und Lebensmitteln aufzuhören«[5].

Man kann nicht umhin, die Existenz einer »ökologischen Schuld« (Laudato si‘, 51) der wirtschaftlich reicheren Nationen anzuerkennen, die in den letzten zwei Jahrhunderten am meisten verschmutzt haben; diese verlangt von ihnen, sowohl auf der COP27 als auch auf der COP15 anspruchsvollere Schritte zu unternehmen. Das bedeutet, dass sie nicht nur innerhalb ihrer eigenen Grenzen entschlossen handeln, sondern auch ihre Zusagen zur finanziellen und technischen Unterstützung der wirtschaftlich ärmeren Länder einhalten, die bereits die größte Last der Klimakrise tragen. Weitere finanzielle Unterstützung für die Erhaltung der biologischen Vielfalt sollte ebenfalls dringend erwogen werden. Auch die wirtschaftlich weniger wohlhabenden Länder haben eine erhebliche, aber „diversifizierte“ Verantwortung (vgl. ebd., 52); die Verspätungen der anderen können niemals die eigene Untätigkeit rechtfertigen. Wir müssen handeln, wir alle, und zwar mit Entschlossenheit. Wir gelangen gerade zu einem „Bruch“ (vgl. ebd., 61).

Lasst uns in dieser Zeit der Schöpfung dafür beten, dass die Gipfeltreffen COP27 und COP15 die Menschheitsfamilie vereinen (vgl. ebd., 13), um die doppelte Krise des Klimas und der Verringerung der biologischen Vielfalt entschlossen anzugehen. Erinnern wir uns an die Aufforderung des heiligen Paulus, uns mit denen zu freuen, die sich freuen, und mit denen zu weinen, die weinen (vgl. Röm 12,15), und weinen wir mit dem bitteren Aufschrei der Schöpfung, hören wir ihn an und antworten wir mit Taten, damit wir und künftige Generationen uns weiterhin mit dem süßen Lied der Geschöpfe vom Leben und von der Hoffnung freuen können.

Rom, St. Johannes im Lateran, 16. Juli 2022, Gedenktag der seligen Jungfrau Maria auf dem Berge Karmel.

FRANZISKUS

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