Papst: Politiker müssen Gemeinwohl im Blick haben

Gebetsintention im Monat August

Im Monat August widmet Papst Franziskus seine Gebetsintention den politisch Verantwortlichen, damit sie ihre Aufgabe, die nach Paul VI. „eine der höchsten Formen der Nächstenliebe“ ist, mit „einem Geist des Dienens, nicht der Macht“ wahrnehmen. An diesem Dienstag veröffentlichte das Weltgebetsnetzwerk des Papstes das neue Video zur monatlichen Intention, in dem er daran erinnert, dass wir „ohne eine gute Politik nicht auf dem Weg zur universalen Geschwisterlichkeit vorankommen können“.

„Wie Paul VI. sagte, ist die Politik eine der höchsten Formen der Nächstenliebe, weil sie das Gemeinwohl anstrebt“
„Ich spreche von echter Politik, nicht von kleinkarierter Parteilichkeit. Ich spreche von einer Politik, die auf die Realität hört, die im Dienst der Armen steht, und nicht von einer Politik, die sich in großen Gebäuden mit langen Gängen abgeschottet hat.“
(Papst Franziskus)

Meldung vom 30.07.2024 auf www.vaticannews.va (url-Link)

Enzyklika „Fratelli tutti – Über die Geschwisterlichkeit und die soziale Freundschaft“

Im achten Jahr seines Pontifikates schreibt Papst Franziskus aus christlicher Sicht über eine globale Neuorientierung nach der Corona-Pandemie. Am 3. Oktober 2020 hat der Papst seine dritte Enzyklika in Assisi unterzeichnet, die der Vatikan am Tag darauf veröffentlichte: Fratelli tutti – Über die Geschwisterlichkeit und die soziale Freundschaft.

„Die folgenden Seiten erheben nicht den Anspruch, die Lehre über die geschwisterliche Liebe umfassend darzustellen. Sie verweilen vielmehr bei ihrer universalen Dimension, bei ihrer Öffnung auf alle hin. Ich lege diese Sozialenzyklika als demütigen Beitrag zum Nachdenken vor.“
(Papst Franziskus, FT 6)

Weitere Information über die Enzyklika auf www.dbk.de (url-Link) oder als Download

Textstellen zum Gemeinwohl

Ohne einen Plan für alle

Zu diesem Zweck bedient man sich der Strategie des Lächerlich-Machens, des Schürens von Verdächtigungen ihnen gegenüber, des Einkreisens. Man nimmt ihre Sicht der Wahrheit und ihre Werte nicht an. Auf diese Weise verarmt die Gesellschaft und reduziert sich auf die Selbstherrlichkeit des Stärksten. Die Politik ist daher nicht mehr eine gesunde Diskussion über langfristige Vorhaben für die Entwicklung aller und zum Gemeinwohl, sondern bietet nur noch flüchtige Rezepte der Vermarktung, die in der Zerstörung des anderen ihr wirkungsvollstes Mittel finden. (Abschnitt 15)

Menschenrechte, die nicht universal genug sind

Oft stellt man fest, dass tatsächlich die Menschenrechte nicht für alle gleich gelten. Die Achtung dieser Rechte „ist ja die Vorbedingung für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung eines Landes. Wenn die Würde des Menschen geachtet wird und seine Rechte anerkannt und gewährleistet werden, erblühen auch Kreativität und Unternehmungsgeist, und die menschliche Persönlichkeit kann ihre vielfältigen Initiativen zugunsten des Gemeinwohls entfalten“.18 Doch „wenn man unsere gegenwärtigen Gesellschaften aufmerksam beobachtet, entdeckt man in der Tat zahlreiche Widersprüche, aufgrund derer wir uns fragen, ob die Gleichheit an Würde aller Menschen, die vor nunmehr70 Jahren feierlich verkündet wurde, wirklich unter allen Umständen anerkannt, geachtet, geschützt und gefördert wird. (Abschnitt 22)

Der Verlassene

Jesus erzählt, wie ein verwundeter Mann am Wegesrand auf dem Boden lag, weil er überfallen worden war. Mehrere Menschen gingen an ihm vorbei und blieben nicht stehen. Es waren Menschen mit wichtigen Stellungen in der Gesellschaft, die aber die Liebe für das Gemeinwohl nicht im Herzen trugen. Sie waren nicht in der Lage, einige Minuten zu erübrigen, um dem Verletzten zu helfen oder zumindest Hilfe zu suchen. Einer blieb stehen, schenkte ihm seine Nähe, pflegte ihn mit eigenen Händen, zahlte aus eigener Tasche und kümmerte sich um ihn.

Besser ist es, nicht in dieses Elend zu verfallen. Betrachten wir das Modell des barmherzigen Samariters. Dieser Text lädt uns ein, unsere Berufung als Bürger unseres Landes und der ganzen Welt, als Erbauer einer neuen sozialen Verbundenheit wieder aufleben zu lassen. Es ist ein immer neuer Ruf, obwohl er als grundlegendes Gesetz in unser Sein eingeschrieben ist: dass die Gesellschaft sich aufmacht, das Gemeinwohl zu erstreben, und von dieser Zielsetzung her ihre politische und soziale Ordnung, ihr Beziehungsnetz und ihren Plan für den Menschen immer wieder neu gestaltet. Mit seinen Gesten hat der barmherzige Samariter gezeigt, dass „die Existenz eines jeden von uns an die der anderen gebunden ist: das Leben ist keine verstreichende Zeit, sondern Zeit der Begegnung. (Abschnitt 63)

Offene Gesellschaften, die alle integrieren

Die Aufgabe besteht nicht nur
darin, diesen Menschen zu helfen, sondern es geht um ihre „aktive Teilnahme an der zivilen und kirchlichen Gemeinschaft“. Das ist ein anstrengender, ja beschwerlicher Weg, der aber nach und nach dazu beitragen wird, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass jeder Mensch eine einzigartige und unwiederholbare Person ist. Ich denke dabei ebenso an die älteren Menschen, „die, auch wegen einer Behinderung, manchmal als Last empfunden werden“. Und doch kann jeder „durch seine eigene persönliche Biographie einen einzigartigen Beitrag zum Gemeinwohl leisten“. (Abschnitt 98)

Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit

Der Individualismus macht uns nicht freier, gleicher oder brüderlicher. Die bloße Summe von Einzelinteressen ist nicht in der Lage, eine bessere Welt für die gesamte Menschheit zu schaffen. Sie kann uns auch nicht vor so vielen immer globaler auftretenden Übeln bewahren. Aber radikaler Individualismus ist das am schwersten zu besiegende Virus. Er ist hinterhältig. Er lässt uns glauben, dass alles darauf ankommt, unseren eigenen Ambitionen freien Lauf zu lassen, als ob wir durch Akkumulation individueller Ambitionen und Sicherheiten das Gemeinwohl aufbauen könnten. (Abschnitt 105)

Universale Liebe zur Förderung der Menschen

Es gibt Gesellschaften, in denen dieses Prinzip nur teilweise gilt. Sie bejahen, dass jeder seine Chancen bekommen muss, dann aber, meinen sie, habe ein jeder alles selbst in der Hand. Aus dieser Sicht hätte es keinen Sinn, „zu investieren, damit diejenigen, die auf der Strecke geblieben sind, die Schwachen oder die weniger Begabten es im Leben zu etwas bringen können“. Investitionen zugunsten der Schwachen sind möglicherweise nicht rentabel bzw. weniger effizient. Das erfordert einen präsenten und aktiven Staat und zivilgesellschaftliche Institutionen, die über die Freiheit der rein leistungsorientierten Mechanismen bestimmter wirtschaftlicher, politischer oder ideologischer Systeme hinausgehen, weil sie wirklich und in erster Linie auf die Menschen und das Gemeinwohl ausgerichtet sind. (Abschnitt 108)

Aus der eigenen Region

Es gibt mächtige Länder und große Konzerne, die von dieser Isolation profitieren und es vorziehen, mit jedem Land einzeln zu verhandeln. Für kleine oder arme Länder gibt es jedoch die Alternative, regionale Vereinbarungen mit ihren Nachbarn zu treffen, die es ihnen ermöglichen, en bloc zu verhandeln und zu vermeiden, dass sie zu marginalen Segmenten werden, die von den Großmächten abhängig sind. Heute ist kein isolierter Nationalstaat in der Lage, das Gemeinwohl seiner Bevölkerung zu gewährleisten. (Abschnitt 153)

Die beste Politik

Um die Entwicklung einer weltweiten Gemeinschaft zu ermöglichen, in der eine Geschwisterlichkeit unter den die soziale Freundschaft lebenden Völkern und Nationen herrscht, braucht es die beste Politik im Dienst am wahren Gemeinwohl. Leider nimmt jedoch heute die Politik oftmals Formen an, die den Weg zu einer andersgearteten Welt behindern. (Abschnitt 154)

ff. 159, 174, 175, 178, 179, 180, 182, 190, 202, 205, 221, 228, 232, 252, 257, 259, 262, 276,

Religion und Gewalt

Ebenso „brauchen wir Gläubigen Möglichkeiten zum Gespräch und zum gemeinsamen Einsatz für das Gemeinwohl und die Förderung der Ärmsten. Wir brauchen nicht irgendwelche Abstriche zu machen oder mit unseren eigenen Überzeugungen, die uns viel bedeuten, hinter dem Berg zu halten, um andersdenkenden Menschen begegnen zu können. […] Denn je tiefer, solider und reicher eine Identität ist, desto mehr wird sie andere mit ihrem spezifischen Beitrag bereichern“. Als Gläubige sind wir herausgefordert, zu unseren Quellen zurückzukehren, um uns auf das Wesentliche zu konzentrieren: die Anbetung Gottes und die Nächstenliebe, damit nicht einige Aspekte unserer Lehren, aus dem Zusammenhang gerissen, am Ende Formen der Verachtung, des Hasses, der Fremdenfeindlichkeit und der Ablehnung des anderen fördern. Die Wahrheit ist, dass Gewalt keinerlei Grundlage in den fundamentalen religiösen Überzeugungen findet, sondern nur in deren Verformungen. (Abschnitt 282)